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Festspielzeit Frühling 2015

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

MICHAEL VOLLE Sie haben

MICHAEL VOLLE Sie haben ein unglaublich breites Repertoire. Im Fokus der letzten Jahre steht Richard Wagner: Amfortas in Parsifal, Hans Sachs in Die Meistersinger von Nürnberg, an der Wiener Staatsoper nun Wotan. Sie singen aber auch Papageno, Rossinis Guillaume Tell, Amonasro in Verdis Aida, Marquis Posa in Don Carlo, vor einigen Jahren Golaud in Debussys Pelléas et Mélisande, dazu Lieder und Oratorien. Erfordert diese Vielfalt ein ständiges Umschalten zwischen unterschiedlichen Stilen oder befruchten diese sich gegenseitig? Michael Volle: Es geht einfach nur um schönes Singen und um die Liebe zu den einzelnen Sparten. Aber etwas differenzierter: Oper macht 80 Prozent meines Terminplanes aus, weil es die umfangreichste Kunstform ist. Ich singe zu wenig Lied, denn beim Lied kannst du am besten kontrollieren, ob die Stimme noch funktioniert. Bei einem Liederabend kannst du dich nicht im Kostüm oder im Orchester verstecken. Damit meine ich nicht, dass Oper leicht zu singen ist, aber wahrscheinlich ist Lied das Schwerste, weil du so nackt mit dem Klavier bist. Marquis Posa oder Hans Sachs singt, kann keinen Mozart mehr singen. So ein kompletter Schwachsinn! Zum Glück gibt es immer wieder Ausnahmen. Dieses Jahr singe ich unter Philippe Jordan mit den Wiener Symphonikern Bachs Matthäus- Passion und freue mich wie ein Schneekönig darauf. Hat sich Ihre Stimme in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie? Das ist wohl das Schönste an unserem Beruf: Es hört nie auf. Wenn ich Rollen nach einiger Zeit wieder singe, merke ich, dass ich ganz anders damit umgehen kann. Ich habe es gerade bei Hans Sachs an der Metropolitan Opera in New York erlebt, den ich eineinhalb Jahre nach Gibt es eine Lieblingsrolle auf der Opernbühne? Natürlich immer das, was ich gerade singe! Aber es schwante mir schon, als ich Beckmesser in den Meistersingern sang und dann 2012 in Zürich zum ersten Mal Hans Sachs: Das ist die Erfüllung schlechthin. Posa, Eugen Onegin, Golaud, jetzt der erste Wotan – ich lechze nach diesen Rollen. Aber Hans Sachs ist wirklich am forderndsten, am bewegendsten. Ich hoffe, das ist meine Rolle bis ans Ende. Sie sind auch ein leidenschaftlicher Schauspieler. Wie verändert sich eine Rolle, wenn Sie, nachdem Sie sie musikalisch studiert haben, auch szenisch an sie herangehen? »Wenn es für mich stimmt, bin ich auch bereit, die unmöglichsten Sachen zu machen.« Und als württembergischer Pfarrerssohn brauche ich natürlich meinen Bach. Es hängt immer davon ab, was dir andere zutrauen. In der Oper bekomme ich fast keinen Mozart mehr, weil die Verantwortlichen sagen, wer der Premiere bei den Salzburger Festspielen viel besser gesungen habe. Ich habe immer mehr Mittel, das auszudrücken, was ich möchte – und das ist ein großartiges Gefühl. 16 Das ist wieder eine ganz andere Ebene. Ich merke schon beim musikalischen Lernen, dass es die szenische Unterfütterung braucht. Und ich hatte wirklich Glück, dass ich in den

25 Jahren meiner Bühnenerfahrung nur zwei Regisseuren begegnet bin, mit denen ich nicht mehr arbeiten möchte. Manches Mal gibt es absolute Glücksfälle, wenn Regisseure die Musik nicht nur lieben, sondern es verstehen, sie mit ihren Regiekonzepten zu verbinden. Es muss stimmig sein. Ob es ein Erfolg wird, ist nicht immer das Wichtigste. Wenn es für mich stimmt, bin ich auch bereit, die unmöglichsten Sachen zu machen und mich auf den Kopf zu stellen, wenn es geht. Mit Stefan Herheim haben Sie bisher zweimal gearbeitet, bei Die Meistersinger von Nürnberg und Les Vêpres siciliennes. Was macht die Arbeit mit ihm für Sie aus? Es ist schwer in Worte zu fassen und auch eine Frage der Sympathie. Du kannst nicht mit jemandem arbeiten, den du nicht riechen kannst. Stefan ist ein toller Mensch, der – das Wort kann schnell missverstanden werden – besessen versucht, alles zu hinterfragen, sich zu allem Gedanken zu machen, gemeinsam mit dem Dirigenten, Bühnen- und Kostümbildner, Dramaturgen. Er möchte nicht auf Teufel komm raus etwas Neues machen. Der Beruf des Regisseurs ist sehr schwer, weil es auch von Hoffmanns Erzählungen und den Meistersingern schon so viele Inszenierungen gibt. Eine andere Sichtweise aus der Musik heraus zu finden stelle ich mir wahnsinnig schwer vor. Aber der Zugang, den Stefan zu den Werken findet, nimmt mich gefangen und überzeugt mich zu hundert Prozent, selbst wenn man in einzelnen Punkten nicht einer Meinung ist. Es ist der Weg, wie er versucht, mir das, was er sich ausgedacht hat, nicht sklavisch aufzudrücken, sondern mich davon zu überzeugen. Er greift auch meine Ideen auf. Ein Regisseur kann seine Ideen nur mit dem lebendigen Material auf der Bühne in Einklang bringen, sonst wirkt der Sänger nicht. Ich musste auch schon etwas machen, was ich nicht erfüllen konnte und habe dadurch auch schlechter gesungen. Das darf nicht sein, denn ich möchte so gut wie möglich sein. Und das gelang bei meinen bisherigen Inszenierungen mit Stefan Herheim auf beglückende Weise. Nun werden Sie sich in Bregenz wiedertreffen, wo Sie im letzten Sommer im Konzert Benjamin Brittens War Requiem gesungen haben. Wie haben Sie den Ort wahrgenommen? Ich bin glücklicherweise schon seit vielen Jahren mit meinem Klavierpartner Helmut Deutsch zu Gast bei der Schubertiade und fahre dabei auch immer durch Bregenz und dieses unglaublich schöne Land. Wasser hat mich schon immer fasziniert, nicht nur das Meer, sondern auch der See. Ich war noch nie auf der Seebühne, aber die Atmosphäre war letzten Sommer natürlich auch beim Orchesterkonzert zu spüren. Und seitdem es klar war, dass ich für Hoffmanns Erzählungen wieder kommen werde und erste Regieideen erfahren habe, freue ich mich umso mehr auf diese spannenden Wochen. Sie werden debütieren als Lindorf, Coppélius, Miracle und Dapertutto. Was ist das Besondere daran, vier Rollen darzustellen – oder ist es doch nur eine? Sie scheinen mir schon im selben Fahrwasser zu sein, was auch immer sie darstellen. Ich bin aber sicher, dass sie sich unterschiedlich ausprägen werden, vor allem als Gegengewicht zu Hoffmann. Da ich debütieren werde, gehe ich ganz anders heran, als wenn ich eine Rolle schon kenne. Ich versuche immer offen zu sein, habe aber natürlich auch meine Gedanken. Das werden wir mit Stefan Herheim zusammenfügen und ich bin sicher, dass es toll werden wird. Der Bariton ist gerne die schlimme Figur in der Oper. Ihre Rollen in Hoffmanns Erzählungen werden als die Bösewichte bezeichnet: Coppélius verkauft Hoffmann Augen, MICHAEL VOLLE in seiner Lieblingsrolle als Hans Sachs in »Die Meistersinger von Nürnberg«, Aufführung der Salzburger Festspiele (2013, Foto Seite 16) Mit dem Regisseur Stefan Herheim arbeitete Volle zuletzt bei «Les Vêpres siciliennes« zusammen, wo er Guy de Montfort darstellte (Royal Opera House 2013, Fotos Seite 14 und 18) HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN 17

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