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Festspielzeit Frühling 2018

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

DIE BÜHNE IM AUGE Wie

DIE BÜHNE IM AUGE Wie gehen Sie in einem künstlerischen Umfeld wie den Bregenzer Festspielen mit oft außergewöhnlichen Charakteren Ihre Arbeit als Fotografin an? Anja Köhler: Gerade das Künstlerische ist das Besondere – Inspiration und Herausforderung zugleich. Das ist an sich schon wie ein Motor. Am liebsten bin ich bereits eine Weile vor Beginn einer Probe vor Ort und tauche ein in Seebühne, Landschaft und Geschehen. Um mich einzulassen, einzufühlen, auf das, was kommt. Und schauen Sie vorher in den Wetterbericht? Natürlich spielt das Wetter immer eine wichtige Rolle. Aber es muss nicht wie aus dem Bilderbuch sein. Ich lasse mich gerne überraschen. Gerade besondere Wolkenformationen oder einzelne Lichtstrahlen, die sich ihren Weg durch die Wolken suchen, können spannungsvolle Bilder hervorbringen. Es muss also nicht immer der perfekte Sonnenuntergang im Hintergrund sein? Die untergehende Sonne ist natürlich immer schön und auch facettenreich. Ungestümes Wetter dagegen kann die Dramatik auf der Bühne in besonderer Weise unterstreichen und spezielle Spiegelungen, Spannungsverhältnisse oder Farbkompositionen hervorbringen. Sie stammen aus Leutkirch, also ganz aus der Nähe. Vermutlich waren Sie schon bei den Bregenzer Festspielen, bevor Sie für sie tätig wurden. Was war denn Ihr erster Kontakt? Mein erster fotografischer Kontakt war 1988 bei Hoffmanns Erzählungen. Ich war Fotovolontärin bei der Schwäbischen Zeitung und durfte den Kollegen begleiten. Dieses Schauspiel auf der riesigen Bühne und diese Musik inmitten der Natur – das hat mich sehr beeindruckt. Berichteten Sie als Fotojournalistin später regelmäßig über das Festival? Für die Zeitung war ich bis 2008 bei allen Fotoproben am See dabei und habe dazu viele Bilderseiten gestaltet. Ich glaube, durch meine Begeisterung für die Seebühne und meinen besonderen Blick auf sie bin ich Axel Renner, dem Leiter der Kommunikation, aufgefallen und wurde zu einzelnen Auftragsarbeiten angefragt. Das erste große Engagement war ab 2001 die Reihe »Kunst aus der Zeit«. Seitdem bin ich – mittlerweile als freischaffende Fotografin – für die Bregenzer Festspiele tätig. Wie würden Sie Ihren Blick auf die Bregenzer Festspiele beschreiben? Für mich sind Wahrnehmung und Intuition das, was meine Fotografie ausmacht. Ich versuche, den Raum und die künstlerische Energie aufzunehmen und abzubilden: die Landschaft, die in die Inszenierung hineinwirkt und sich auf theatralische, manchmal gar surrealistische Art und Weise verdichtet. Die verschiedensten Künstlerinnen und Künstler, die den Augenblick kreieren. Daraus kann ich schöpfen – intuitiv – und versuchen, den Moment im Bild sichtbar zu machen. Es gibt ein schönes Zitat von Paul Klee: »Ein Auge, welches sieht, das andere, welches fühlt.« Wie aufwändig ist die Vorbereitungszeit? Ich bereite mich inhaltlich auf die Produktionen vor und besuche vorher einzelne Proben, um mich vom Gesamten inspirieren zu lassen, um spannende Blickwinkel zu finden. Schon kleine Bewegungen mit der Kamera verändern die Beziehungen der einzelnen Elemente im Bild. Auf der Seebühne kann es bei der einen Szene der Blick ganz knapp übers Wasser sein, nur See und Bühne. Bei einer anderen Szene der Blick von weit oben auf der Tribüne, durch den der Horizont in nahezu perfekter Weise auf die Architektur der Bühne trifft. Bei einer Aufführung im Haus, ist es vielleicht ein Blick von der Seitenbühne, der die situative Dramatik einer Szene durch das Gegenlicht eines Scheinwerfers betont. Besprechen Sie sich vorher mit dem Regisseur oder dem Dramaturgen? Oder gehen Sie da völlig unbefangen heran? Jakob Koldings Bühne für To the Lighthouse (Bregenzer Festspiele 2017). Die Fotografie war vergangenen Herbst in Anja Köhlers Ausstellung »am wasser« zu sehen. Ich komme schon mehr mit dem Blick von außen. Aber ich bin selbst- 30

verständlich offen für das, worauf beispielsweise die Regie oder Dramaturgie ihr Augenmerk legt. Das gerade macht ja eine Inszenierung aus. Mir geht es darum, in den künstlerischen Prozess einzutauchen und meine eigene Wahrnehmung daraus zu gestalten. In meinen künstlerischen Arbeiten faszinieren mich Räume in Architektur und Natur: als Bühne, als etwas Theatralisches, als Skulptur. Die Menschen sind auf diesen Bildern allerdings meist noch gar nicht da oder gerade wieder fort ... (lacht). ANJA KÖHLER IM GESPRÄCH Da Sie schon so viele Jahre dabei sind: Verändert das den Blick auf die Kunst beziehungsweise das Musiktheater? Ja, in einem sehr positiven Sinne. Für mich sind das immer wieder sehr besondere Momente, wenn aus dem gemeinsamen Wirken verschiedener Künstler und Künstlerinnen ein ganz neues Werk entsteht und zur Aufführung kommt. Solche Schaffensprozesse mit der Kamera zu begleiten, ist etwas Bewegendes. Daraus wächst ein großer Schatz an Erfahrungen. So unterschiedliche Stücke fotografieren zu können, ist ein großes Glück und verändert und schärft den Sinn für Menschliches, für die Ästhetik des Alltags. Zum Schluss: Welches Equipment benutzen Sie? Beim Equipment lege ich besonderen Wert auf die Qualität der Optik, einen hohen Dynamikbereich des Sensors und auf gute, geräuschlose Handhabung. Ich habe meistens zwei Kameras mit unterschiedlichen Teleobjektiven direkt bei mir und bewege mich damit durch den Raum. Ich möchte schnell agieren können, um im entscheidenden Moment den für mich idealen Blickwinkel aufnehmen zu können. Für die Seebühne benutze ich eine weitere Kamera mit Shift-Objektiv auf einem Stativ – für die architektonischen Aufnahmen, auf denen der Bühnenraum in den Landschaftsraum eingebettet ist. ANJA KÖHLER ist freie Fotografin mit einem Faible für Formen, Linien und Grafik. Für die Bregenzer Festspiele spielt sie seit rund 17 Jahren mit Blickwinkeln, Wolkenformationen und dem Wasserspiegel. Auch Ihre eigenen künstlerischen Projekte stehen im weitesten Sinn im Zusammenhang mit der »Bühne«. 31

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