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Festspielzeit Frühling 2019

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

DAS UNFASSBARE IN DER

DAS UNFASSBARE IN DER MUSIK Giuseppe Verdis innige und aufwühlende Klänge ORCHESTERKONZERTE Fabio Luisi, ehemaliger Chefdirigent der Wiener Symphoniker, dirigiert Verdis überwältigendes Requiem. Dort oben … im Himmel, nahe bei der Mutter … in Ewigkeit werde ich für Euch … beten.« Rigolettos Tochter Gilda verabschiedet sich mit diesen Worten von ihrem Vater, der sein Unglück nicht fassen kann. Seinen Plan, sich per Auftragsmord an seinem Arbeitgeber, dem Herzog, zu rächen, weil dieser seine Tochter verführt hat, sieht er vereitelt. Stattdessen hat sich Gilda für den Herzog geopfert. Immer weiter steigt die Musik am Ende von Giuseppe Verdis Oper Rigoletto in himmlische Sphären auf und verliert sich in die entfernte Tonart Des-Dur, bevor Rigoletto sich mit schreckerfüllten Klängen an den Fluch erinnert, der ihn und den Herzog bereits im ersten Akt ereilt hat. Zwischen Leben und Tod schweben Verdis Opernfiguren immer wieder – und singen genau dann in den schönsten Tönen. Die kranke Violetta verabschiedet sich in La traviata herzzerreißend aus dem Leben, Rodrigo bekräftigt in Don Carlo noch einmal seine Freundschaft zum Protagonisten, bevor er seiner Schusswunde erliegt, Aida und Radamès entschweben mit einem ergreifenden Duett, obwohl sie doch lebendig eingemauert worden sind. Situationen und Erfahrungen, die das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen, bieten offenbar der Musik besondere Möglichkeiten, sie zu erahnen. Der Tod des italienischen Dichters Alessandro Manzoni im Jahr 1873 erweckte in Verdi das Bedürfnis, dem bewunderten Autor und leidenschaftlichen Kämpfer für einen unabhängigen italienischen Staat in einem Requiem zu gedenken. An Verdis Totenmesse entzünden sich bis heute Diskussionen, wie religiös der Komponist wirklich war und ob ein geistliches Werk solch dramatische Musik erlaube. Unbestritten ist Verdis skeptische Haltung gegenüber der katholischen Kirche, die auch in mehreren seiner Opern zum Ausdruck kommt. Als finsterer Machthaber wird der Großinquisitor in Don Carlo gezeichnet, als dogmatische Vollstrecker erscheinen die Priester in Aida. Zahlreiche Stellen in Verdis Requiem zeugen von einer tiefen Empfindung für den religiösen Inhalt. Wohl eine der ergreifendsten Vertonungen dieses Textes überhaupt ist das innige Agnus Dei, das sich in der Totenmesse an die Toten und nicht wie in der Messe an die Lebenden richtet. Äußerst schlicht und ergreifend flehen die beiden solistischen Frauenstimmen sowie der Chor um ewige Ruhe für die Verstorbenen. Aufwühlend und erschütternd vertont Verdi den Aufschrei am Tag des Zorns (Dies irae), der gleich dreimal im gesamten Werk auftaucht. 16

Verdi dirigiert sein Requiem an der Mailänder Scala (Gravur um 1874). Mag Verdi laut seiner zweiten Frau Giuseppina »wirklich wenig gläubig« gewesen sein, schuf er dennoch mit seinem Requiem ein tief religiöses Werk. Mehr als andere Komponisten vor ihm gestaltete er dabei die Solostimmen extrem aufwändig. Die subjektiven Empfindungen kommen so besonders zum Ausdruck. Dies ließe sich mit Verdis eigener Erfahrung deuten, da er schon als junger Mensch innerhalb kurzer Zeit seine beiden kleinen Kinder sowie seine erste Frau Margarita verloren hatte. Die Unfassbarkeit dieser persönlichen Ereignisse fasste Verdi sowohl in seinen Opern als auch den wenigen geistlichen Werken in bewegende Klänge. Das Ungeheuerliche wird so auch tröstend. Der kaltblütig spottende und unterdrückende, aber vom Fluch und seinen Mitmenschen gepeinigte Rigoletto bleibt am Ende der Oper demütig zurück – vor dem Tod, dessen Geheimnis die Musik gleichzeitig ein Stück weit enthüllen und unermesslich vergrößern kann. WIENER SYMPHONIKER VIERMAL BRAHMS AN ZWEI TAGEN Die Wiener Symphoniker spielen alle vier Symphonien. Nach dem ersten Konzert der Wiener Symphoniker im Juli unter der Leitung des ehemaligen Chefdirigenten Fabio Luisi übernimmt im August der momentane Chefdirigent Philippe Jordan den Taktstock. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen präsentiert er Johannes Brahms' vier Symphonien. Über 14 Jahre lang arbeitete der Komponist an seiner ersten Symphonie, die den Schatten des übermächtigen Vorbilds Ludwig van Beethoven erkennen lässt. Die spürbare Schwere, die besonders zu Beginn in den gleichmäßigen Paukenschlägen ertönt, scheint in den zweiten Symphonien von ihm abgefallen zu sein. In der idyllischen Umgebung des Wörthersees entstanden, drückt dieses Werk eine versöhnliche Leichtigkeit aus. Ebenfalls im Sommer entstanden, bestimmen sanfte naturhafte F-Dur-Klänge auch Brahms' dritte Symphonie. Als komplexes musikalisches Gebilde entpuppt sich die vierte Symphonie, deren vierter Satz einen völlig neuartigen Stil aufweist: Die vielschichtige Form besteht in der Wiederholung und Variation des Hauptthemas. Philippe Jordan, Chefdirigent der Wiener Symphoniker Das Detailprogramm der Orchesterkonzerte finden Sie in der Heftmitte. Präsentiert von 17

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