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ENTFESSELTEPHANTASIESeit 18 Jahren ist die Dramaturgin und Bearbeiterin vonStücktexten Sabrina Zwach an der Seite von Herbert Fritsch.Die Redaktion der Festspielzeit hat sie um einen Einblick indie gemeinsame Arbeit gebeten.DIE GEFESSELTE PHANTASIEDie gefesselte Phantasie vonFerdinand Raimund in einerBearbeitung von mir feiertEnde März im Burgtheater in einerInszenierung von Herbert FritschPremiere. Gefragt, wie sich meinSchreiben für die Inszenierungen vonHerbert Fritsch gestaltet, möchteich mit einer Definition aus demWörterbuch der deutschen Sprachebeginnen, die nicht mich, sonderneher den Regisseur beschreibt.INTUITION f.»Eingebung, ahnendes Erfassen,Erkenntnis ohne wissenschaftlicheEinsicht«, entlehnt (18. Jh.) aus lat.intuitio »das Erscheinen des Bildesim Spiegel«, spätlat. »geistigesSchauen«, daher (in der scholastischenPhilosophie) »durch Schauen(nicht durch Denken) erworbeneKenntnis«; zu lat. intuērī »genauauf etw. hinsehen, etw. geistigbetrachten«. – intuitiv Adj. »gefühlsmäßig,instinktiv erfassend, aufEingebung zurückgehend«.Seit 18 Jahren schreibe ich für dasTheater von Herbert Fritsch, arbeiteich als Dramaturgin für seine Inszenierungen.18 Jahre, da denke ichentweder an die Aufzucht eines Kindesoder an die Reife von Whiskey;egal, in welche Richtung ich denke,es ist eine lange, ereignisreiche Zeit.Angefangen hat alles mit hamlet_X,dem crossmedialen Kunstprojekt vonHerbert Fritsch, das er in Berlin realisierte,als er noch Schauspieler imEnsemble der Volksbühne von FrankCastorf war. Über 50 Kurzfilme, einKünstlerbuch, eine Hamlet-Verfilmungin Kinolänge, für die ich dasDrehbuch geschrieben habe – dieZeitung schrieb, der Film sehe soaus, als hätte Luis Buñuel auf LSD gedreht–, und mehrere Installationenentwickelten wir in den 2000er-Jahren.Dann beendete Herbert seineerfolgreiche Schauspiel-Karriere undbegann seine nächste, als Regisseurund Bühnenbildner.Ich schreibe in der Regel die Fassungen,übersetze und bearbeite,vornehmlich, aber nicht ausschließlich,Komödien. Fast immer bin ichdann im weiteren Verlauf der Arbeitauch die Produktionsdramaturgin.Ich schreibe die Texte über dieInszenierungen, die Porträts über15Herbert und seine Arbeit, ich erfindeInterviews, die wir nie geführt haben:ein Traum!Ja, tatsächlich ein Traum, weil eseinerseits einfach Spaß macht.Und andererseits, weil der Traumeben nicht intellektuell, nichtdiskursiv, nicht vorbereitet, nichtideologisch ist, weil Träume gewöhnlichals sinnlich-lebendiges, halluzinatorischesGeschehen beschriebenwerden und das auch die Beschreibungeiner Inszenierung von HerbertFritsch sein könnte. Oder anders gesagt:Herbert Fritsch ist ein Meisterder Intuition.Das Schreiben unterscheidet sichdavon wesentlich. Mein Schreibprozessist nicht intuitiv. Mein Schreibprozessist diskursiv, ist intellektuell,im Bewusstsein, dass ein Text füreine Inszenierung entsteht, dietraumtänzerisch über die Dialogegleiten wird, im Bewusstsein, dassder Regisseur sich nicht in ersterLinie für den Text interessieren wird,sondern den Text als eine von vielenKomponenten sehen, intuitiv mitWorten und Inhalten umgehen wird.
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