Aufrufe
vor 3 Monaten

Festspielzeit Frühling 2023

  • Text
  • Herbert fritsch
  • Ferdinand raimund
  • Gefesselte phantasie
  • Madame butterfly
  • Bregenzer festspiele
  • Wwwbregenzerfestspielecom
  • Musik
  • Ehre
  • Oper
  • Phantasie
  • Ernani
  • Festspiele

BREGENZER

BREGENZER FESTSPIELE4

EHRENSACHEWas verbindet die Titelfiguren in Giacomo Puccinis Madame Butterfly aufder Seebühne, Giuseppe Verdis Ernani im Festspielhaus und Jules MassenetsWerther im Opernstudio am Kornmarkt? Tragische Liebe, ein zutiefstverinnerlichtes Ehrgefühl – und ein bitteres Ende.EHRENSACHEDie Oper Ernani gehört zuden Frühwerken von Verdiund hievte ihn sofort aufden italienischen Komponistenthron.Uraufgeführt 1844, spieltdie Handlung im Jahr 1519. DreiAdelige fühlen sich betrogen undschwören sich gegenseitig Rache,denn sie sind in dieselbe Frauverliebt: in Elvira, die ihrerseitsnur die Liebe zu Ernani erwidert.Der ist aktuell Rebellenführer,da sein Vater von Don Carlo ermordetwurde, was Ernani Titelund Güter kostete. Der zweiteAdelige ist eben jener spanischeKönig Carlo, der sich nicht nurRivalen, sondern auch Verschwörerngegenübersieht. Der dritteVerehrer, Don Ruy Gomez de Silva,hat anfangs die besten Karten, daer kurz vor der Hochzeit mit derBegehrten steht. Da Silva seinenRivalen Ernani jedoch aus einerbrenzligen Situation rettet, verpfändetdieser sein Leben gegeneinen Hornruf. Carlo, zum neuenKaiser Karl V. gewählt, zeigt sichgnädig und stimmt der Heiratvon Ernani und Elvira zu. Da blästSilva ins Rachehorn.Und Elvira? Elvira hat Ernani Liebegeschworen, will sich am Traualtarmit Silva erdolchen, erinnert Carlo,dass Erbarmen eine Kaisertugendsei und erlebt, dass sich Ernaniim Glücksmoment ihrer endlichlebbaren Liebe – dem alten Schwurfolgend – tötet.Eine Vierecksgeschichte in einempatriarchalen Machtsystem, mitdrei Männern, denen der strengegesellschaftliche Kodex oberstePflicht ist und die vor Ehrverletzungenschreien. Der soziale Anspruchdiktiert Handlungen auf mehrerenEbenen. Da gilt es, die Ehre der Fraugegen Kontrahenten zu verteidigen,einen Mord, einen Verrat zu rächen,das Gastrecht zu wahren und Versprecheneinzuhalten.»Ständische Gesellschaften, diees in Europa bis ca. 1800 gab, wiesenjedem ›Stand‹ – Adel, Bürger,Bauern – eine besondere Ehre zu,die hierarchisch gestaffelt war.Beim Adel war sie am größten undsensibelsten – er durfte deshalbauch ›Ehrenkämpfe‹, sprich Duelleausfechten –, bei den Bauern am5geringsten«, fasst Historikerin UteFrevert vom Max-Planck-Institutfür Bildungsforschung zusammen.Im Ständestaat wirkte das Konzeptder Ehre strukturierend undstabilisierend. Satisfaktionsfähig,berechtigt, eine Waffe zu tragen,waren ausschließlich Männer deroberen Schichten. Bei Zweikämpfenin unteren Schichten galtTöten im Strafrecht als Mord oderTotschlag. Ein Verstoß gegen denEhrenkodex wurde als Schande,von der einzelnen Person als Schamempfunden. Diese beiden Gefühle,im Lauf der Geschichte zunehmendauf Frauen und ihre sexuelle »Reinheit«projiziert, waren ursprünglichgeschlechtsunabhängig. Die Fragenach dem emotionalen Kontextvon Ehre liegt nahe, zumal Verdi fürdie Figuren mitreißende undleidenschaftliche Musik schuf.Frevert antwortet: »Gefühle undgesellschaftliche Pflichten hingenimmer eng zusammen, Ehre warmitnichten nur ein sozialer Zwang,sondern ›im Herzen eingewurzelt‹,wie es Ende des 18. Jahrhundertshieß.« Ehre war sozusagen eineHerzensangelegenheit.

Unsere Dokumente für Sie:

© 2021 Bregenzer Festspiele