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Festspielzeit Sommer 2015

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

KONZERTE LEIDEN-

KONZERTE LEIDEN- SCHAFTLICHE MUSIKER Die Sopranistin Measha Brueggergosman und der Cellist Jérôme Pernoo bei den Konzerten. 18

Ihre Lebensfreude, ihr Humor, ihre Leidenschaft ergreifen wohl jeden Menschen, der Measha Brueggergosman zum ersten Mal begegnet. Die kanadische Sopranistin sprüht vor Energie. Ihr Lachen steckt an. Wahrscheinlich genau deshalb berührt die Intensität so sehr, mit der sie zart liebenden, sehnsuchtsvollen und auch schmerzhaften Gefühlen in ihrem Gesang Ausdruck verleiht. Sie fühlt sich auf der Opernbühne genauso zu Hause wie bei einer Jam-Session mit ihrer Band oder der Eröffnungshymne für die Olympischen Spiele. Doch immer wieder widmet sich diese vielfältige Persönlichkeit dem Liedgesang, dieser puren Gattung, durch die sie in direkte Verbindung mit ihrem Publikum tritt und sich ihm ungeschützt ausliefert. Ihre Stimme beginnt zu schweben, mit ihren Füßen erdet sie sich dabei oft unmittelbar, indem sie barfuß auf dem Konzertpodium steht. Die Franko-Kanadierin zählt sowohl die französische als auch die englische Sprache zu ihrer Muttersprache, umso eindringlicher wirkt die für sie fremde deutsche Sprache, wenn sie sich einer ihrer Herzensangelegenheiten widmet: Richard Wagners Wesendonck-Liedern. Dieser große Revolutionär der Oper im 19. Jahrhundert fand als verfolgter politischer Aktivist 1849 Zuflucht in der Schweiz. Oberhalb Zürich nahm ihn das Ehepaar Wesendonck in seine Villa auf. Mathilde Wesendonck wurde ihm zur Muse, fünf ihrer Gedichte vertonte er und komponierte damit in einer für ihn untypischen Gattung. Doch diese Lieder durchweht schon die sehnsuchtsgeladene Atmosphäre von Tristan und Isolde, zwei Lieder bezeichnete Wagner als »Studien zu Tristan und Isolde«. Die ursprünglich für Sopran und Klavier geschriebenen Lieder wurden später orchestriert, unter anderem auch im 20. Jahrhundert von Hans Werner Henze. In dieser Version wird Measha Brueggergosman die Wesendonck-Lieder im Konzert mit dem Symphonieorchester Vorarlberg unter seinem Chefdirigenten Gérard Korsten interpretieren. Am Abend desselben Tages vertraut die Sopranistin ganz ihrem Klavierpartner Justus Zeyen und der poetischen Kraft ihrer französischen Sprache. Beinahe programmatisch für Sommerfestspiele singt sie Les nuits d’été von Hector Berlioz, der mit seinen mächtigen Opernwerken und symphonischen Dichtungen die französische Musik des 19. Jahrhunderts ähnlich prägte wie Jacques Offenbachs Operetten und dessen Opus summum Hoffmanns Erzählungen. Wie sehr die französische Musik nach Offenbach und Berlioz Einflüsse aus der ganzen Welt aufsog, lassen die Lieder von Maurice Ravel und Claude Debussy erahnen, die diesen Musik & Poesie-Abend eröffnen. Sicherlich trug die Pariser Weltausstellung dazu bei, dass arabische und asiatische Stoffe nach Mitteleuropa kamen. In Ravels Liederzyklus Shéhérazade sind diese Einflüsse nicht nur im Text von Tristan Klingsor, sondern auch in der Musik zu hören. Wie frivol Paris am Beginn des 20. Jahrhunderts seinen Status als kulturelles Zentrum feierte, zeigen auch Claude Debussys Chansons de Bilitis, die sich stilistisch an die antike Dichterin Sappho anlehnen. Im Konzert lassen Texte aus dieser faszinierend lebendigen Zeit das Pariser Leben neu entstehen. Mit Paris beschäftigt sich auch der erste Abend der Reihe Musik & Poesie. Mitte des 19. Jahrhunderts reüssierte dort Jacques Offenbach als Virtuose am Violoncello, mit dem er die Pariser Salons eroberte und als »Liszt des Cellos« gefeiert wurde. Noch heute ist die Beschreibung dieser Zeit durch den Soziologen Siegfried Kracauer eine beeindruckende Quelle voller poetischer Kraft. Auszüge daraus werden bei Musik & Poesie zu hören sein. Nur noch selten sind die unzähligen Stücke zu hören, die Offenbach für sein Instrument komponierte. Der französische Cellist Jérôme Pernoo wird einige von ihnen gemeinsam mit seinem Pianisten Jérôme Ducros spielen. Auch diese beiden Musiker werfen einen Blick ins 20. Jahrhundert, wo eine andere faszinierende und Grenzen überschreitende Figur das Musikleben prägte: Francis Poulenc, der wie kaum ein anderer die Gattung des französischen Lieds ins 20. Jahrhundert holte, vollendete 1948 eine zauberhafte Sonate für Violoncello und Klavier. Wie Measha Brueggergosman ist auch Jérôme Pernoo sowohl als Kammermusiker als auch als Solist mit Orchester zu erleben. Anders als die Sopranistin bleibt der Cellist dem Komponisten Jacques Offenbach treu. Dessen einzigartiges Concerto militaire gehört zu den großen Herausforderungen der Cello-Literatur, nur sehr wenige Cellisten wagen sich daran. Humorvoll, mitreißend und melancholisch – dieses Solokonzert bietet sämtliche Ingredienzen, die auch Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen zu einem außergewöhnlichen Werk machen. Wie diese Phantastische Oper war auch beim Cellokonzert die ursprüngliche Gestalt lange Zeit verborgen, das Konzert wurde nur selten und dann in fragmentarischer Gestalt aufgeführt. Militärisch an diesem Concerto militaire mutet vor allem der schmissige dritte Satz an mit der charakteristischen kleinen Trommel. Wie später bei Gustav Mahler werden die Soldatenklänge von melancholischen Momenten unterbrochen, wie bei Mahler lebt auch Offenbachs Musik vor allem von der anregenden Verbindung scheinbar unvereinbarer Elemente. Oberfläche oder Tiefgang, Ernst oder Unterhaltung – für Offenbach gehörten diese heute so gern getrennten Ebenen zusammen und fließen ineinander. Die Übersicht zum gesamten Programm von Musik & Poesie und den Orchesterkonzerten finden Sie auf den Seiten 22 und 23 sowie unter www. bregenzerfestspiele.com. Die Orchesterkonzerte werden präsentiert von KONZERTE 19

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