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Festspielzeit Sommer 2016

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

SPIEL AUF DEM SEE singt

SPIEL AUF DEM SEE singt denn da gerade?«, beschreibt Wolfgang Urstadt das Dilemma der großen Dimensionen. Und die Dimensionen sind am Bodensee besonders groß. Bis zu 200 Meter liegen zwischen Bühnenmitte und den hintersten Sitzen der Tribüne. Bis dort ein Gast erfasst, welcher Sänger die elektronisch übertragene Arie intoniert, ist das Stück womöglich schon vorbei. BOA gelingt die akustische Illusion: Die vielen, das Publikum wie ein Band umschließenden Lautsprecher leiten die Augen der Zuseher. Wenn Prinz Calaf zum großen Gong schreitet, um ihn zu dessen raumhohe Fenster er das Bühnengeschehen beobachtet. Marte erlebt in diesem Sommer seine 21. Festspiele. An seinem Arbeitsplatz ist auch er umzingelt: von Rechnern, Funkmikrofon-Empfängern, Mischpulten und Bildschirmen. Fest im Blick hat der 51-Jährige die Solisten. In Form von Punkten werden sie auf seinem Bildschirm dargestellt. Per Steuerknopf folgt er den Punkten, also den Wegen der Sänger – und aktiviert so die sogenannten Richtungslautsprecher, die in Gruppen angeordnet im Bühnenbild versteckt sind. Zwischen all den »Wir wollten die Grenzen der Physik ausloten.« Wie ein Band umschließen die Lautsprecher das Publikum auf der Seetribüne. schlagen und den Namen der unerreichbaren Prinzessin Turandot zu rufen, wandert seine Stimme mit. Das Lautsprecherband simuliert Schallreflexionen von den Wänden eines Konzertsaals, der gar nicht existiert. Darüber hinaus kann das 430.000 Watt starke Soundsystem Effekte und Klangskulpturen kreieren, wie kein Konzerthaus sie kennt. Dafür, dass das an jedem Opernabend auf allen Plätzen gleich gut funktioniert, sorgt neben anderen Eugen Marte. Über den Rängen sitzt der ausgebildete Audio-, Video- und Veranstaltungstechniker im Technikraum des Festspielhauses, durch Gerätschaften im Technikraum, der ein bisschen an die Kommandobrücke der Enterprise erinnert, steht ein Notenständer mit einem Klavierauszug der Opernpartitur. Auch ihn fasst Eugen Marte immer wieder ins Auge und verfolgt, wie Musiker und Sänger Noten in Musik verwandeln. Die Technik ist in Bregenz also Mitspielerin der Kunst. Sie trägt somit Verantwortung für ihren Erfolg und mischt von Anfang an mit. Sobald der Bühnenbildner erste Zeichnungen vorlegt – oft drei Jahre vor der Premiere –, vertiefen sich Akustiker und Kulissenbauer in die Entwürfe. 6

Hier kann auch ein erfahrener Theaterprofi wie der technische Direktor Wolfgang Urstadt (links) noch Neues lernen. »Das Ding gibt's nur in Bregenz«, sagt der spezialisierte Tontechniker Eugen Marte lachend, der hoch über der Tribüne den Richtungsmischer bedient. Damit kann er jedes Mikrofon und jeden der im »Turandot«-Bühnenbild versteckten Lautsprecher einzeln steuern. TURANDOT Sie ringen um die Platzierung der Richtungslautsprecher, suchen Kompromisse. »Künstler dürfen spinnen«, sagt der technische Direktor Urstadt. »Und wir müssen sie manchmal auf den Boden des Machbaren zurückholen.« Wobei machbar immer auch bezahlbar bedeute, fügt er an. Gut kaschiert waren die Boxen bei der Zauberflöte an den drei Drachenhunden und in den Stufen der grünen Kuppel versteckt, bei Turandot sind sie Steine der chinesischen Mauer. Von einem »Quantensprung« war die Rede, als bei der Tosca-Premiere 2007 erstmals BOA die Seebühnenbesucher aufhorchen ließ. So schön der »Rolls Royce« auch zehn Jahre später noch glänzen mag – für die Fahrt in die Zukunft brauchen die Bregenzer ein neues Modell. Schon allein die rasante Entwicklung der Computertechnologie erfordere eine Erneuerung von BOA, erklärt Wolfgang Urstadt. Außerdem haben die Festspielmacher einen neuen Traum: Sie möchten aus dem Klangraum eine Klangkuppel machen, in der die Musik die Gäste nicht nur umzingelt, sondern auch von oben einhüllt. Als bei der Aida-Inszenierung 2009 und 2010 zwei Kräne im Bühnenbild Boxen hoch in den Himmel hoben, war dieses Sounderlebnis zu erahnen. Damit sich die akustische Kuppel auf Dauer über die Tribüne wölben kann, müssen freilich weitere Kompromisse gefunden werden. 7

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