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Festspielzeit Sommer 2018

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

DIE BÜHNE IM AUGE Herr

DIE BÜHNE IM AUGE Herr Forster, Sie fotografieren bereits seit 35 Jahren für die Bregenzer Festspiele. Beschreiben Sie bitte Ihren Blick auf das Sommerfestival! Karl Forster: Im Sommer ist es mein schönster Arbeitsplatz. Mit den Menschen hier ist es unglaublich angenehm zu arbeiten, eine homogene Atmosphäre. Dadurch dass ich schon so lange hier arbeite, sind Freundschaften erwachsen. Wobei die Seebühne nicht mein einfachster Arbeitsplatz ist. Darauf kommen wir noch zurück. Wann haben Sie die Bregenzer Festspiele das erste Mal wahrgenommen? Privat war ich vorher nicht bei den Festspielen. Ganz am Anfang hatte ich als Fotograf nichts mit Bühnenfotografie am Hut. Bis meine Frau, die Theater leidenschaftlich liebt, mich mit weiblicher List und Tücke über die Fotografie ins Schwäbische Landestheater gebracht hatte. »Bühne fotografieren«, sagte sie, »hast du noch nie gemacht, das wäre doch mal was anderes.« Und es hat mir Freude bereitet, weil es eine ganz neue Herausforderung war. Den Schauspielern haben die Fotos gefallen. Nachdem ich später dreimal den internationalen Wettbewerb »Theater in der Fotokunst« gewonnen hatte, traute ich mich, mich bei den Bregenzer und den Salzburger Festspielen zu akkreditieren. Das war erstmals 1983 beim Vogelhändler am See. Seitdem hat sich das zur dauerhaften Zusammenarbeit entwickelt. Was ist das Wichtigste bei einer solchen Zusammenarbeit? Vor allem Vertrauen. Ich mache auch Fotoworkshops für Bühnenfotografie und sage den Teilnehmern: Das wichtigste Foto an der Bühne, das ich mache, ist das Foto, das ich nicht mache. Wenn ich spüre, dass der Darsteller, das Regieteam, die Technik ... wenn die in einer kritischen Phase sind, wenn es knistert – da muss ich sehr dezent im Hintergrund bleiben. Dann muss ich auf das Foto verzichten. Ab welchem Zeitpunkt sind Sie involviert? Ich komme in einer Phase der Endprobenzeit, wenn die Nerven blank liegen. Ich habe selten erlebt, dass bei einer Klavierhauptprobe schon alles stimmt. Ich bin erst einmal unwichtig für die Menschen an der Bühne. Ich bin ein Störfaktor. Ich bin lästig, laufe in der Gegend rum, obwohl ich, wie meine Frau sagt (sie fotografiert mit mir im Team), die unerklärliche Fähigkeit habe unsichtbar zu sein. Wahrscheinlich hat es mit dem Atmen zu tun. Ich kann mich, übertrieben gesagt, wegatmen. Ich gehe in der Regel eine Stunde vor der Probe in den Zuschauerraum. An der Seebühne habe ich mir die Plätze vorher schon ausgesucht und eventuell Stative aufgestellt. Eine Probe fotografiere ich zentral aus der Perspektive des Regisseurs. Der Regisseur inszeniert ja von seinem Platz aus. Wenn alle auftragsgemäßen Bilder fertig sind, ich quasi die Freiheit habe, die Kür zu machen, dann suche ich mir auch sehr extreme Standpunkte. Sprechen Sie vorher mit dem Regisseur oder dem Dramaturgen oder beginnen Sie möglichst unbefangen zu fotografieren? Das ist abhängig von der terminlichen Organisation. Wenn die Möglichkeit besteht, besuche ich eine Beleuchtungsprobe, um einen Eindruck der Lichtsituation zu bekommen. Oft ergeben sich auch Gespräche in der Kantine, die mehr über die Art der Inszenierung vermitteln. Besonders auf der Seebüh- Zur richtigen Zeit mit der richtigen Kameraeinstellung am richtigen Standort sein und dabei selbst unsichtbar bleiben – wie das geht und dabei gute Bilder entstehen, weiß Karl Forster aus jahrelanger Erfahrung als Theaterfotograf. 28

ne gibt es oft Szenen, die nur wenige Augenblicke dauern. Um diesen einen Moment zu erwischen, ist es natürlich wichtig vorab zu wissen, wann er passiert. Grundsätzlich arbeite ich aber intuitiv, quasi »aus dem Bauch heraus«. Bei schlüssigen Inszenierungen ist der Fortgang der Handlung zu spüren. Künstler oder Handwerker? Das mag ich selbst nicht beschreiben. Erstmal bin ich Berichterstatter, dann bin ich Vermittler. Ich schaffe Bilder, die einerseits die Intention des Regisseurs vermitteln, andererseits einen Reiz ausstrahlen, um den Betrachter zu veranlassen, da hinzugehen. Es ist nicht meine Aufgabe, hier eigene Kunst zu machen. Die ist ja schon da. Zum Künstler: In freien Arbeiten nehme ich diesen Begriff durchaus in Anspruch. Außerdem bin ich Mitglied im BBK (Berufsverband bildender Künstler) und berufenes Mitglied der DGPh (Deutsche Gesellschaft für Photographie) – das beantwortet die Frage grundsätzlich. KARL FORSTER IM GESPRÄCH Sie sagten, die Seebühne sei nicht der einfachste Arbeitsplatz. Was sind die Schwierigkeiten – oder wie man heute sagt – Herausforderungen? Das sind durchaus Schwierigkeiten! Zum einen ist das Bühnenbild gleich Bühne, ich habe keinen Raum, außer dem unendlichen. Es gibt keine äußeren Reflexionen, das Licht trifft auf oder gleitet in die Weite des Sees. Dann sind hier andere Leuchtkörper im Einsatz als in einem Opernhaus. Hinzu kommt das generelle Problem der digitalen Fotografie mit LED-Licht, das in einem bestimmten Muster schwingt. Das Auge schafft das, aber bei der digitalen Fotografie trifft Technik auf Technik. Aus diesem Zusammenspiel entstehen manchmal ganz seltsame Effekte in den Bildern. Dann gibt es die enorme Distanz, die gewaltige Dimension. Das kann ich zwar über verschiedene Brennweiten lösen. Doch bei ungünstigen Wetterlagen, bestimmtem Lichteinfall und einer langen Brennweite schaut es auf einmal so aus, als würde Schnee fallen. Das sind die Mücken! Da kann ich natürlich machen, was ich will, das ist eben die Natur. Eine gemeine Frage zum Schluss: Lieber Seebühne oder Festspielhaus? So gemein ist die Frage nicht. Man kann die zwei Spielstätten nicht vergleichen. Es sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Dinge und Ansprüche. Für mich gilt: sowohl als auch! 29 KARL FORSTER ist begehrter Theaterfotograf, Grafikdesigner und leidenschaftlicher Hobbykoch. Seit 35 Jahren fotografiert er für die Bregenzer Festspiele. Mit seiner Frau Monika wohnt er in Bad Grönenbach im Allgäu.

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