Aufrufe
vor 1 Jahr

Festspielzeit Sommer 2022

  • Text
  • Bregenzer festspiele
  • Madame butterfly
  • Wwwbregenzerfestspielecom
  • Musik
  • Festspielhaus
  • Sibirien
  • Festspiele
  • Oper
Das Magazin der Bregenzer Festspiele

THEATER AM KORNMARKT JAN

THEATER AM KORNMARKT JAN BOSSE (LINKS) studierte erst Theaterwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte, dann Schauspielregie. Als freier Regisseur fordert er sich in der Wahl seines Bühnenstoffs gerne selbst heraus. Seine Inszenierung von Cervantes’ Don Quijote 2019 bei den Bregenzer Festspielen begeisterte das Publikum. JAKOB NOLTE (RECHTS) studierte in Berlin Szenisches Schreiben und arbeitet als Autor für Romane, Theaterstücke und Hörspiele. Schon für Jan Bosses Don Quijote lieferte er eine eigene Bearbeitung, in der »die Worte funkeln, dass es eine Pracht ist«. (Süddeutsche Zeitung) in einem archaischen Sinn. Es ist alles schon passiert, wenn das Stück beginnt. Mit dem Sturm werden die Figuren und damit auch die Vergangenheit auf diese Insel gespült, zwischen Zufall, Schicksal und Manipulation. Es wird zwar Zufall genannt, aber der Sturm ist von Prospero und Ariel inszeniert, als dieses Schiff zufällig vorbeifährt. Das ist eine typische Shakespeare- Konstruktion, an der gar nichts Zufall ist. Natürlich ist immer schon etwas und jemand da, wenn eine Insel entdeckt wird, Menschen oder Wesen, in diesem Fall Geister und sogenannte Monster. Und Prosperos Behauptung »Das ist jetzt mein Reich und ich erfinde die Welt neu« basiert automatisch auf Unterdrückung und ist auch zwölf Jahre her. Die Verhältnisse auf dieser Insel, die wir im Urzustand gar nicht erleben, sind schon kaputt, sobald dieses Stück beginnt. Wie lässt sich der Prozess der Übersetzung beschreiben? Nolte: Bei Shakespeare stellt sich bei mir das Gefühl der Fremdheit mit jedem Stück ein. Ob bei Romeo und Julia oder Hamlet: Es bleibt beim Lesen ein 400 Jahre alter Schleier, den man auch nicht mehr verschwinden lassen kann. Ob das dem englischen Leser auch so geht? Wahrscheinlich schon. Ich habe den Versuch gestartet, es wirklich Wort für Wort zu übersetzen, weil ich Kunstsprachen mag, die eine Verortung in der Wirklichkeit haben. Wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der Übersetzen selbstverständlich wird. Ich habe in China, als die andere Person kein Englisch konnte und ich kein Chinesisch, meine Bestellung einfach ins Smartphone gesprochen. Wir haben die technischen Möglichkeiten, digital simultan zu übersetzen mit Apps, die auf dem Bildschirm oder sprechend übersetzen. Wie verändert sich gerade die Aufgabe des Übersetzers und der Übersetzerin? Es gibt im Italienischen die Redewendung »Traduttore, traditore« (»Übersetzer, Verräter«) womit wir wieder beim Verrat wären. Gilt diese Warnung nicht auch für Übersetzungs-Apps? Für mich hat diese Sprache etwas, als wäre sie aus einem zu kleinen Genpool entstanden und ein bisschen verknorpelt, etwas Fälschliches, aber voller Schönheit. Es gibt sie nur im Verhältnis zu Shakespeare. Nur für diese zwei Stunden. Alle Darstellenden spielen und verheddern sich auch immer wieder in den Seilen, die das Bühnenbild ausmachen. Wie kam es zu dieser klaren und dennoch verstrickten Bildidee? Bosse: Die Seile auf der Bühne sind Theater pur, weil – wie unser Bühnenbildner Stéphane Laimé erklärt hat – die Seiltechnik der Theaterzüge, die Handzüge, tatsächlich aus der Schifffahrt kommt. Die Theater haben die Technik übernommen und daraus gelernt. Deswegen verwenden wir auch keine Gummiseile oder Stangen, sondern 26

Lebenselixier Hanf, also verarbeitetes Naturmaterial. Wir haben ursprünglich nach einem konkreten Element gesucht, das trotzdem durch die Vervielfältigung eine Abstraktion ermöglicht. In der ersten Szene im Sturm wird komischerweise eines dieser Schiffsseile, die nicht verhindern können, dass alle umkommen, »rope of destiny«, Schicksalseil, genannt. Der Seemann, der vielleicht für die Verfluchung des Königs gehängt wird, ist jetzt wichtiger als jeder König auf Erden, weil er der Einzige ist, der uns im Sturm mit seinem Schiffstau retten kann. Eigentlich ist das ganze Stück wie ein Sturm, der anfängliche Sturm aber schon vorbei, und gleichzeitig ist es ein innerer Sturm, der alle diese Figuren herumwirbelt. Es gibt eine weitere Ebene mit den Songs, welche die Musik zur eigenen Sprache werden lassen. Bosse: Ich habe mich so darauf gestürzt, dass wir Songs im Originalenglisch aufführen können, nur ganz leicht adaptiert, um der völligen Unverständlichkeit zu entkommen. Ich finde es gut, wenn zur deutschen Übersetzung, dieser Nolte’schen Shakespeare-Sprache, dieses ebenso kryptische Englisch kommt. Man kommt von der einen seltsamen Sprache in die andere. Dann wird es fast psychedelisch. Es gibt wohl kein Stück mit so vielen Aufwachenden und Schlafenden, ständig ist jemand entweder gerade am Aufwachen oder am Einschlafen und es wird sehr viel über Traum und Realität geredet, das alte große Thema. Und die Träume sind manchmal stärker und vielleicht sogar intensiver als das Eigentliche … THEATER AM KORNMARKT DER STURM William Shakespeare Übersetzung von Jakob Nolte | Erstaufführung dieser Übersetzung Ist Kaffee auf Dauer giftig? Diese Frage trieb im 18. Jahrhundert den schwedischen König Gustav III. um. Er war den schönen Künsten, dem Theater sehr zugetan, aber in puncto Bohne verstand er keinen Spaß. So ordnete er ein Experiment an, um die schädliche Wirkung von Kaffee zu beweisen: Zwei zum Tode Verurteilte sollten möglichst viel Kaffee bzw. Tee zu trinken bekommen. Damit wollte er herausfinden, welcher schneller sterben würde. Beide Gefangene sollen den König überlebt haben – und übrigens auch die Mediziner, die das Experiment überwachten. So erzählt es die Legende. Wie gesund oder ungesund ist Kaffee nun wirklich? Wie überall gilt auch hier: Die Dosis ist entscheidend. Drei bis vier Tassen am Tag entfalten bei den meisten Menschen eine positive Wirkung auf den Organismus. Die Durchblutung wird angeregt und Hirnzellen werden stimuliert. Etwa eine halbe Stunde nach dem Trinken entfaltet das Koffein seine volle Wirkung. Wer also vor dem Sturm einen Kaffee genießt, erlebt die Aufführung noch wacher, noch intensiver. Dallmayr wünscht Ihnen viel Genuss und eine wunderbare Festspielzeit! PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE | DER STURM Neben der Live-Musik mit verschiedenen Instrumenten gibt es auch Klanginstallationen. Diese Mischung finde ich interessant, wenn es auf dieser Insel eine ganz leise elektronische Fläche gibt, und Carolina dann Gitarre spielt und noch ein Schauspieler Vogelgeräusche macht. Premiere 23. Juli 2022 – 19.30 Uhr Vorstellungen 25. & 26. Juli – 19.30 Uhr | Theater am Kornmarkt Koproduktion mit dem Deutschen Theater Berlin 27

Unsere Dokumente für Sie:

© 2021 Bregenzer Festspiele