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Festspielzeit Sommer 2022

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

Wie entstehen die Ideen

Wie entstehen die Ideen zu Ihren Kostümen: Orientieren Sie sich an der Musik oder am Inhalt des Librettos? Antony McDonald: Ich höre mir die Oper an und lese parallel das Libretto. Der allererste Eindruck eines Stückes ist immer besonders wichtig, denn auf den folgt die wahrhaftigste und ehrlichste Reaktion – so entstehen die guten Ideen. SPIEL AUF DEM SEE Schauen Sie sich auch andere Inszenierungen an? Tatsächlich habe ich bisher nur sehr wenige Inszenierungen von Madame Butterfly gesehen. Antony McDonald (r.) stimmt seine Entwürfe mit Bühnenbildner Michael Levine ab. Nur im Zusammenspiel aller künstlerischen Bereiche funktioniert die Inszenierung. Obwohl es so eine beliebte Oper ist? Ja, das stimmt. Ich erinnere mich gut, als ich die Oper vor Jahrzehnten das erste Mal gesehen habe: die gefeierte Inszenierung des Regisseurs Joachim Herz für die Welsh National Opera. Unter seiner Regie ist es gelungen, auf allzu exotische, bilderbuchhafte japanische Verkleidungen zu verzichten. Es war eine ganz zurückhaltende Aufführung, die Kostüme in monochromen Brauntönen. Für welche Farben haben Sie sich bei den Kostümen für die Bregenzer Festspiele entschieden? Wir verwenden die Farben der untergehenden Sonne: Schattierungen von Rot und Rosa bis hin zu einem tiefen Burgunderrot. Auch ein leuchtendes Gelb und Gold kommen vor. Genau die Farben, die man sieht, wenn die Sonne abends hinter der Bühne im See versinkt. Genau. Und so stellen wir auch noch einen Bezug zu Japan her. Die Sonne ist in Japan ein wichtiges Symbol. Bei der Gruppe der Angehörigen kommen die Farben Schwarz und Grün zum Einsatz. Mir ist es wichtig, verschiedene Farben für die einzelnen Personengruppen zu verwenden, damit sie für das Publikum leicht wiederzuerkennen und zuzuordnen sind. Die Kostüme sollen helfen, sich in der Geschichte zu orientieren, und die Handlung der Oper unterstützen. Sie haben sich bewusst gegen eine Rekonstruktion japanischer Kostüme entschieden. Warum? Die wichtigen und liebevollen Details einer traditionellen japanischen Kleidung würden auf der Seebühne nicht funktionieren: Von der Tribüne aus, mit größerer Entfernung, würde man sie gar nicht wahrnehmen. Welchen speziellen Herausforderungen muss man sich stellen, wenn man für die Seebühne entwirft? Die Wahl des Stoffes ist natürlich entscheidend, die Materialien müssen den verschiedenen Wetterbedingungen standhalten. Von enormer Bedeutung ist das Schuhwerk – die Sängerinnen und Sänger müssen sichere und feste Schuhe tragen, damit sie sich 6 bei ihren Auftritten auf das Singen konzentrieren können und nicht auf ihre Schritte auf dem unsicheren Untergrund. Deshalb muss auch die ganze Bühne rutschfest sein. Und einige der Kostüme sind wasserdicht. Das Wichtigste für die Seebühne ist aber, dass die Kostüme aus der Ferne »gelesen« werden, daher müssen sie in gewisser Weise eine grafische Qualität haben. Die Umrisse der Kostüme, die Silhouetten sind auf der Seebühne wesentlich – man muss sich bei den Formen auch ein bisschen was trauen. Und ich glaube, wir waren mutig. Welche Figur in Madame Butterfly liegt Ihnen besonders am Herzen? Ich bemühe mich, allen Figuren die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken und nicht zum Beispiel die Hauptrollen mehr zu beachten als die Nebenrollen. Denn für das Stück ist die Summe aller Figuren, ihr Zusammenspiel, wichtig. Die Bühne wirkt in diesem Jahr sehr zart: ganz hell und riesengroß. Welche Bedeutung hat so eine konzentrierte Kulisse für die Kostüme?

Das Bühnenbild ist ein absolutes Geschenk für die Kostüme. Wir haben es bei Madame Butterfly mit ganz unterschiedlichen Personengruppen zu tun. Zum Beispiel die Geister, die ganz mit dem Hintergrund verschmelzen sollten. Völlig anders die Geishas, die sollen sich unbedingt vom Hintergrund abheben, deshalb sind ihre Kostüme sehr farbig gestaltet. »Die Kostüme sollen dem Publikum helfen, sich in der Geschichte zu orientieren.« Wie sah Ihre Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Michael Levine aus? Die Bühne bildet die Umgebung, die Einfassung meiner Arbeit, meine Entwürfe funktionieren nur mit dem Bühnenbild, die Zusammenarbeit ist für mich deshalb sehr wichtig. Ich kam zu diesem Projekt, nachdem das Bühnenbild bereits entworfen war – es gab also einen Rahmen, innerhalb dessen ich mit meiner Arbeit beginnen konnte. Aber ich arbeite ja nicht nur mit dem Bühnenbildner zusammen: Auch die Perückenmacherinnen und Maskenbildner gehören zum Designteam, um den richtigen »Look« der Figuren zu kreieren. Wie wichtig ist Ihnen Handwerk? Gutes Handwerk und auch Handarbeit bildet für mich die Grundlage von allem. Auch wenn ich selbst nicht Maschinennähen kann. Sie haben zuletzt vor 20 Jahren für die Seebühne gearbeitet und gemeinsam mit Richard Jones La Bohème realisiert. Was hat sich verändert? Es gibt nun seit einem Jahr eine eigene Kostümwerkstatt im Haus und es macht einen großen Unterschied, wenn man die Werkstätten vor Ort hat. Das erleichtert die Arbeit ungemein. ANTONY MCDONALD MADAME BUTTERFLY Die Kostüme werden in Bregenz gefertigt. Wie oft besuchen Sie die Kostümwerkstatt während der Produktionsphase? Was unterscheidet Ihre Entwürfe von heute von Ihren Entwürfen von vor 20 Jahren? Ich war in den vergangenen Monaten oft dort, wir haben gemeinsam an Prototypen gearbeitet. Allein in der Kostümwerkstatt arbeiten ganzjährig sechs Leute. Alle hochqualifiziert und sehr kreativ. Wir haben die Stoffe ausgewählt und uns über wirklich alles ausgetauscht: von der Wahl der passenden Schuhe bis hin zur Unterwäsche. Ungefähr zwei Monate vor der Premiere passen wir dann die Kostüme mit den echten Stoffen an die Darstellerinnen und Darsteller an. Ich bin im Grunde meines Herzens derselbe Designer, nur älter. Meine Entwürfe sind nicht gesetzter, ruhiger oder gar gewagter. Aber vielleicht können das andere besser beurteilen als ich selbst. Haben Sie Veränderungen in Bregenz wahrgenommen? Ja, ich habe zu meiner Freude festgestellt: Es gibt jetzt viel mehr charmante Restaurants in der Stadt. Figurine für eine der Geishas 7

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