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Festspielzeit Sommer 2023 - 1

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

WERKSTATTBÜHNE »Es

WERKSTATTBÜHNE »Es geht um die Geburt und den Tod des Patriarchats«, fasst Venables die literarische Vorlage zusammen, aus der er nun eine Oper komponiert hat. Dazu zählen auch Aufstieg und Fall des Kapitalismus. Das klingt erst mal nach harter Kost, inklusive Brutalität, Gewalt und Trauma. Zu düster wird es dennoch nicht: »Die Handlung ist eine Bedtime Story, eine Gutenachtgeschichte, phantasievoll und charmant erzählt. Auf einer liebevollen und naiven Ebene, wie in einer Kindergeschichte. So machen wir das auch bei der Umsetzung in unserem Bühnenstück. Wir holen jedoch weiter aus – und fangen mit der Vor- und Frühgeschichte an.« Venables weitet die Augen und wirft mit schelmischem Lächeln die Arme auseinander: »Es wird very epic!« Als Venables das Werk vor zehn Jahren zum ersten Mal in die Hände bekam, erregte es sofort sein Interesse. Freunde aus San Francisco, die der radikalen Fairy-Szene angehörten, hatten davon erzählt – ganz ähnlich dem gleichnamigen Stamm aus der Geschichte: »Bei ihnen drehte sich alles um Sexpositivität, Genderfreiheit und ein selbstbestimmtes Leben in einer ländlichen Kommune.« Für sie war das Buch eine Art Bibel. Es ließ ihn nicht mehr los. Ein paar Jahre später zeigte er es Ted Huffman, mit dem Venables bereits zusammengearbeitet hatte. »Ted und ich waren auf der Suche nach neuen Ideen. Wir fanden die kindliche Qualität des Storytellings super. Es gibt einen Plot, es ist spielerisch und trotzdem politisch. Für uns beide als Faggots hat das auch eine besondere Bedeutung.« Die Idee entwickelte sich weiter. Dazu gehört, dass die Figuren aus Larry Mitchells Geschichte zugunsten der realen Bühnendarsteller verschwinden. »Wir haben fünfzehn Performer:innen, und die spielen im Endeffekt nur sich selbst. Musiker:innen, Sänger:innen, Schauspieler:innen und Tänzer:innen. Wir wollen, dass sie ihre persönliche Geschichte einbringen. Alle werden Teil der Inszenierung sein, auch die Instrumentalist:innen. Die Sänger:innen spielen auch auf den Instrumenten, auch wenn sie das nicht können. Außerdem wollen wir, dass es keine Distanz zwischen Bühne und Publikum gibt. Keine Festspiele hinter Glas!« Venables weiß nicht, ob sich alle aus der Besetzung in weiterem Sinne als queer bezeichnen, so genau wollten sie nicht auf den Zahn fühlen. Aber letztlich war ihm und dem Regisseur wichtig, dass alle das Projekt »mit vollem Herzen unterstützen und sich mit der Politik identifizieren. Ihre Sexualität oder Gender-Identität hat für uns keine große Rolle gespielt.« Was den politischen Ansatz des Subversiven betrifft, wollen Philip Venables und Ted Huffmann die literarische Vorlage an die Gegenwart anpassen. »Es ist zwar ein zeitloses Stück, aber für unsere heutige Zeit zu schüchtern. Wir werden vor allem den intersektionalen Aspekt einbeziehen: Solidarität mit People of Color und trans Leuten. Wir schwulen weißen Männer haben ja, wenn wir ehrlich sein wollen, nicht mehr so viele Probleme.« Nur das ursprüngliche Schimpfwort »Faggot« kam in den Workshops unterschiedlich an. Ursprünglich war es als positive Selbstaneignung gemeint. Die deutsche Übersetzung »Schwuchtel« klingt nicht wirklich überzeugend. In der literarischen Vorlage, die bislang noch nicht übersetzt wurde, werden Missverständnisse durch den spielerischen Umgang mit einer ganzen Reihe queerer Selbstbezeichnungen praktisch ausgeschlossen. Venables geht davon aus, dass das in der Bühnenversion auch gelingen wird: »Wir benutzen es vor allem als etwas Positives, verbunden mit Liebe.« Musikalisch werden sich Einflüsse des Barocks bemerkbar machen. »Es kommen ein Cembalo, eine Barockharfe und eine Gambe zum Einsatz, andererseits aber auch ein Saxophon und ein Schlagzeug. Wir machen eine Mischung, es gibt auch Folkmusic, bei der alle aus dem Cast mitsingen können. Auch die, die nicht Profisänger sind. Wir wollten mit diesem Stück eine esoterische zeitgenössische Oper schreiben, in der die Musik direkt und erkennbar ist.« WERKSTATTBÜHNE THE FAGGOTS AND THEIR FRIENDS BETWEEN REVOLUTIONS Ted Huffman | Philip Venables Inszenierung Ted Huffman Komposition Philip Venables Musikalische Leitung Yshani Perinpanayagam PREMIERE 27. Juli 2023 – 20.00 Uhr WEITERE VORSTELLUNG 28. Juli – 20.00 Uhr Werkstattbühne EINFÜHRUNGSVORTRAG jeweils 45 Minuten vor Veranstaltungsbeginn, freier Eintritt Auftragswerk der Factory International, des Festival d’Aix-en-Provence, der Bregenzer Festspiele, des Southbank Centre, London und der NYU Skirball. Eine Produktion der Factory International für das Manchester International Festival. 1977 erschien Larry Mitchells Roman »The Faggots and Their Friends Between Revolutions« mit Illustrationen von Ned Asta. Mehr darüber lesen Sie hier: 28

GANZ VIEL AMORE UND EIN HAPPY END! Vorfreude aus dem Festspielshop SWR4 Baden-Württemberg ist voller Liebe, vor allem musikalisch. »All you need is love«, beschwören die Beatles, »Nur mit Dir« möchte Helene Fischer glücklich sein, »How deep is your love?«, fragen sehnsuchtsvoll die Bee Gees und Udo Jürgens, der wünscht »Liebe ohne Leiden«. Sorry, Udo, aber damit können die Bregenzer Festspiele in diesem Jahr leider nicht dienen. Ganz viel Amore ist dabei, aber die dramatische, die Liebe mit ganz viel Leiden – dank Signore Puccinis Madame Butterfly. Mit Donnerschlag verlieben, hoffen, leiden, das Herz brechen – bis der Vorhang fällt. Wie wäre es denn, nach so viel »Drama« vor wundervoller Bodenseekulisse, mit einem Happy End im Herbst? Vom 13. bis 15. Oktober findet das SWR4 Festival in Hüfingen statt. Ein Rendezvous mit SWR4 Baden-Württemberg im Schwarzwald-Baar-Kreis. Am Freitagabend spielen Truck Stop ein Konzert ihrer 50-Jahre-Tournee, Samstagabend wird bei der Schlagerparty mit NDW-Ikone Markus getanzt und am Sonntag ist Giovanni Zarrella mit seiner Band beim GanzNah-Konzert zu Gast. Und an allen drei Festivaltagen begrüßt Jörg Assenheimer nachmittags spannende Persönlichkeiten aus der Musik- und Showbranche zum Promitalk. Wenn innige Liebe und blindes Vertrauen zum Tode führen, Feigheit aber belohnt wird, kann es nur eins sein: große Oper.« So steht es in dem kleinen, liebevoll illustrierten Opernführer Oper einfach erklärt über Madame Butterfly und eigentlich wäre damit schon alles gesagt. Wer dennoch ein bisschen tiefer in diese und andere Opern eintauchen möchte, dem sei der Festspielshop der Bregenzer Festspiele empfohlen: Dort finden sich neben CDs und Geschenkartikeln zahlreiche neue Bücher zur Festspielsaison 2023, darunter Textbücher zu den gezeigten Aufführungen, deren literarische Vorlagen sowie der erwähnte und andere Opernführer. Für alle, die gerne in Erinnerungen schwelgen, gibt es außerdem vergangene Festspielaufführungen auf DVD und Blu-Ray. PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE | SHOP Der Shop hat online unter www.bregenzerfestspiele.com rund um die Uhr geöffnet, an der Tageskasse im Festspielhaus von 09.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr (an Werktagen; ab 26. Juni durchgehend, während der Saison auch abends bis Vorstellungsbeginn). Hier die SWR4 App laden! 29

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