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Festspielzeit Sommer 2023 - 2

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

Pinsel, um alles

Pinsel, um alles umzusetzen. Frau Fassbaender hat diese Feinheiten mit uns herausgearbeitet. Und ich glaube, das ist der große Unterschied zu den Vorbereitungen, die wir Sänger:innen alleine machen. Oftmals haben wir einen dicken Pinsel, weil es so viel ist, was auf das Bild gehört, das wir malen müssen. Frau Fassbaender hat Feinheiten in dieses Bild gebracht. Und in der Zwischenzeit ist es für mich noch detailreicher geworden. OPERNSTUDIO AM KORNMARKT Sie konnten im März auch schon Jana Vetten, die Regisseurin, kennenlernen. Ist es eine Herausforderung, sich in ein neuartiges Konzept einzudenken? Sie sagten, es sei eine feministische Interpretation. Beschäftigt Sie das? Es ist ein Luxus, das Konzept schon so früh diskutiert zu haben. Dadurch haben wir alle mehrere Monate Zeit, uns vorzubereiten. Jana hat uns klargemacht, dass sie an die Oper Fragen hat, die (noch) nicht beantwortet sind. Und das freut mich zu hören, weil ich auch eine Person bin, die viele Fragen stellt. Eine feministische Version von Werther ist sehr gut möglich. Dem Zusammentreffen von Charlotte und Werther gilt besondere Interpretationssorgfalt. Denn wenn Charlotte allein ist, sind ihre Aussagen klar und deutlich: Sie erklärt ihre Gefühle und ihren Willen. Und diese Gefühle existieren, dafür braucht man keine feministische Lesart. Aber je mehr wir in so ein Stück, in dem das Original so sehr aus der Perspektive von Werther geschrieben ist, hineintauchen, desto wichtiger ist es herauszufinden, wer Charlotte wirklich ist. Welche Rolle spielt sie und genießt sie diese oder nicht? Wie unterscheidet sich ihr Verhalten, wenn sie nicht allein ist, von dem, wenn sie für sich ist? Gibt es eine andere Interpretation oder eine andere Seite der Geschichte? Denn in Goethes Briefroman wird nur gezeigt, was Werther sieht und glaubt. Vielleicht hat Charlotte etwas ganz anderes gemeint. Das sind einige Kady Evanyshyn und Brigitte Fassbaender bei der Meisterklasse zu Massenets Werther. meiner Fragen und ich freue mich bereits, während der Probenarbeit Antworten zu suchen. Mit Werther kommt eine schwierige Oper mit großen Rollen zur Aufführung. Ist das eine gute Wahl für junge Sänger:innen? Wir müssen – und das hat auch Frau Fassbaender gesagt – alle Acht geben, dass wir beim Singen nicht forcieren, weil es wirklich laut und emotional wird. Ich glaube, der geschützte Rahmen einer Opernstudio-Produktion ist eine sehr gute Umgebung, um aus sich herauszugehen. Die Orchesterbesetzung ist kleiner, die Bühne nicht so groß. Natürlich bin ich nervös, wer ist das nicht? Aber ich glaube, für meine Stimme und mich ist das genau die richtige Rolle zur richtigen Zeit am richtigen Ort. OPERNSTUDIO AM KORNMARKT WERTHER Jules Massenet Musikalische Leitung Claire Levacher Inszenierung Jana Vetten Bühne | Kostüme Camilla Hägebarth Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt Symphonieorchester Vorarlberg PREMIERE 14. August 2023 – 19.30 Uhr WEITERE VORSTELLUNGEN 16., 18. & 19. August – 19.30 Uhr Theater am Kornmarkt FESTSPIELGESPRÄCHE FESTSPIELFRÜHSTÜCK 2 Im gemütlichen Rahmen spricht Regisseurin Jana Vetten über ihr Leben und ihre Arbeit. Moderation: Jasmin Ölz (ORF) 6. August 2023 – 9.30 Uhr Frühstück bereits ab 9.00 Uhr 18

ONE NIGHT IN FUSSACH Sturm und Trank GOETHE IN VORARLBERG Auf einem Blatt in Goethes Nachlass findet sich ein »Tageregister einer Italienischen Reise 1786 Sept - 1788 Juni«. Während Goethes Bericht über die »Italienische Reise« schon zu Lebzeiten, nämlich 1817, erschien, wurden solche Materialien erstmals in der auf 133 Bänden groß angelegten sogenannten Weimarer- oder Sophienausgabe 1906 publiziert. Seit damals weiß man um Goethes Stationen jenseits seines ausformulierten Berichts, der bis zum April 1788 und zur Abreise aus Rom reicht. Auf dem nachgelassenen Blatt kann man lesen »Juni. 1. Vaduz. 2. Feldkirch. Abends Busach am Bodensee«, von den Herausgebern sogleich zu »Fußach am Bodensee« korrigiert. Ob Goethes falsches Notat der geringen Aufmerksamkeit dem Ort gegenüber oder dem schwer verständlichen Dialekt geschuldet ist – es bleibt im Ungewissen. Wie kam Goethe nach Fußach im Jahr vor der Französischen Revolution? Mit seiner Begleitung, dem engen Freund Philipp Christoph Kayser, einem zur damaligen Zeit bedeutenden Komponisten und Interpreten, nahm er in Mailand den »Mailänder Boten«. Es handelte sich dabei um die Kutschenverbindung zwischen Mailand und dem Bodensee, die von der Firma Spehler und Weiss betrieben wurde. Die mehrtägige Fahrt, eine der letzten langen Etappen auf der Rückreise von Italien nach Weimar, führte nach Norden über den Splügenpass nach Chur, von dort nach Vaduz, wo man übernachtete, dann an Feldkirch vorbei nach Fußach, dem Firmensitz des Fuhrunternehmens. Dort kam man am 2. Juni, einem Montag, abends an. In Fußach, einem damals bedeutenden Knotenpunkt für den Personen- und Warenverkehr am Bodensee, wurde im Gasthaus Krone im Ortszentrum übernachtet. Insgesamt bezahlte man für Fahrt und Unterkunft 122 Gulden – ein heutiger Geldwert von circa 2.500 Euro. Am nächsten Tag reisten Goethe und Kayser weiter nach Romanshorn und Konstanz. Goethes Aufenthalt in Vorarlberg wird regelmäßig verhandelt, in Heimatbüchern, Radio- und Fernsehbeiträgen, Zeitungsberichten. Dem Reiz, darauf hinzuweisen, dass der bedeutendste Autor der deutschsprachigen Literatur kurz im bäuerlichen Vorarlberg weilte, konnten sich die Chronisten des Landes nicht entziehen. Goethes Durchreise birgt aber auch literarisches Potenzial. So stellt zum Beispiel der künstlerische Leiter des Theater KOSMOS, Hubert Dragaschnig, 2002 in seinem Dialekthörspiel Muttersberg – ein Flüchtlingsmonolog Goethes Aufenthalt in Vorarlberg insofern dar, als es letztlich Goethe war, der auf der Reise durch Vorarlberg vorgeschlagen hat, einen Berg im Brandnertal nach seinem Freund Friedrich Schiller zu benennen, der niemals in Vorarlberg war: den heutigen Schillerkopf, immerhin 2.006 Meter hoch. Wie hieß die »heimliche Geliebte« von Goethe? Kundige Außenstehende werden sagen: Charlotte Buff, die auch die literarische Vorlage für Die Leiden des jungen Werther bildete – den Schlüsselroman des Sturm und Drang. Goethe selbst bezeichnete »die Chemie« als seine große Liebe. Der Universalgelehrte war nicht nur ein Meister der Worte, sondern auch leidenschaftlicher Naturforscher. Mit zahlreichen Apothekern pflegte er – bei der einen oder anderen Tasse Kaffee – einen intensiven Austausch. So inspirierte Goethe einen Medizinstudenten, die wachmachende Substanz des Kaffees zu finden. 1820 isolierte dieser als Erster reines Koffein aus den Bohnen. Der eigentliche Wachmacher war entdeckt. Was für ein Genie! Sein Werk Die Leiden des jungen Werther verwandelte Jules Massenet Jahrzehnte später in eine Oper: jener berühmte französische Komponist, der zu Beginn seiner Karriere Klavier in Kaffeehäusern spielte, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Kaffee und Musik gehören also untrennbar zusammen. Dallmayr wünscht Ihnen viel Genuss und eine wunderbare Festspielzeit. PARTNER DER BREGENZER FESTSPIELE 19

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