WERKSTATTBÜHNE In mehreren Einblicken konnten interessierte Besucher:innen die Entstehung der neuen Oper Hold Your Breath über zwei Jahre lang mitverfolgen. Im Jänner 2023 wurden dem Publikum erstmals visuelle Ideen für die Werkstattbühne präsentiert. Ein riesiger Oktopus steht nicht nur im Mittelpunkt der Geschichte, die sich die Komponistin Éna Brennan, der bildende Künstler Hugo Canoilas und der ehemalige Intendant der Bregenzer Festspiele, David Pountney, für ihre gemeinsame Oper Hold Your Breath ausgedacht haben: Er wird als überlebensgroßes Wesen auch direkt über den Köpfen des Publikums schweben. Beim ersten Einblick zu Hold Your Breath im Januar 2022 hast du gesagt, dass du dich sehr über die Einladung gefreut hast, auf der Werkstattbühne einen riesigen Raum völlig neu zu erforschen und dabei »ins Nichts« zu schauen? David Pountney: Ja, das stimmt! Die Werkstattbühne ist ein riesiges »Nichts«, für das man etwas schaffen kann. Elisabeth Sobotka hat uns – Éna Brennan, Hugo Canoilas und mir – nur den Auftrag gegeben, miteinander zu arbeiten. Sonst nichts. Lange bevor der Oktopus aufgetaucht ist, waren wir drei uns einig, dass wir wirklich die ganze Werkstattbühne für unser Stück nutzen wollen. In einen so großen, offenen Raum wird häufig ein kleinerer Raum gebaut, der dann wiederum ein Theater imitiert: Genau das wollten wir nicht tun. Jetzt wird ein riesiger Oktopus über allen schweben. Allerdings ein Exemplar mit nur sieben Armen statt acht? Es gibt tatsächlich auch siebenarmige Oktopusse! (lacht) 22 Wie kam es dazu? Ich bin schon lange von diesen Wesen fasziniert. Es gibt viel Literatur über Kraken – darüber, wie intelligent sie sind, dass sie uns Menschen erkennen und sich an uns erinnern können. Dass sie wissen, wer man ist und was man tut. Eines Tages sagte ich zu Hugo: »Weißt du was, ich sehe da diesen riesigen Oktopus in unserem Stück.« Hugo fand das interessant. Er ist losgegangen und hat ein neunzig Meter langes Gemälde von einem Oktopus gemalt: eine spontane Reaktion auf unser Gespräch. Aber ein Krake macht noch kein Libretto. Wie werden sich die Musik und die Geschichte mit dem Oktopus verbinden? Mein Libretto für Hold Your Breath ist eigentlich ein »Nicht-Libretto«. Das Stück erzählt keine lineare Geschichte, sondern ist eine Art Collage aus neun Szenen, die sich um verschiedene Erfahrungen drehen, die die Menschheit in den vergangenen Jahren gemacht hat: die Covid-Pandemie, den Klimawandel. Es geht um Autoritäten,
die Menschen herumschubsen, um Bürokratie und unsere Haltung dazu: Beugt man sich oder rebelliert man? Folgt man den Anweisungen – oder tut man es nicht? Das Publikum wird sich bei Hold Your Breath auf der Werkstattbühne frei bewegen können. Ja, das Publikum ist Teil des Ganzen und wird sich einzeln und in Gruppen bewegen. Die Leute werden während des ganzen Stücks im Raum herumgeschoben – natürlich auf freundliche Art und Weise! Sie erleben also alles selbst mit: eine viel intensivere Erfahrung als nur in einem Sessel zu sitzen, sich etwas anzusehen und dann wieder nach Hause zu gehen. ten, sondern vielmehr darüber, wie wir es machen. Wir haben versucht, etwas zu schaffen, das nur auf der Werkstattbühne stattfinden kann und woanders sehr schwer aufzuführen wäre. HOLD YOUR BREATH Éna Brennan | Hugo Canoilas | David Pountney Musik Éna Brennan Inszenierung David Pountney Raum | Kostüme Hugo Canoilas PREMIERE 15. August 2024 – 20.00 Uhr Éna Brennan stammt ursprünglich aus Brüssel und lebt in Irland. Als Komponistin, Grafikdesignerin und Geigerin wandelt sie zwischen verschiedenen Welten. Über ihre Musik für Hold Your Breath sagt sie: »Meine Musik für dieses Stück ist stilistisch sehr vielfältig. Es gibt Fanfaren und Tänze, die an den Barock angelehnt sind, die sich mit freitonalen Abschnitten, aber auch mit Improvisation abwechseln. Ein weiteres Element sind elektronische Klänge, die teils separat ertönen, teils zusammen mit den Musiker:innen des Symphonieorchesters Vorarlberg gemeinsam zu hören sind.« HOLD YOUR BREATH WEITERE VORSTELLUNG Kanntet ihr euch vorher schon, Éna, Hugo und du? 17. August – 20.00 Uhr Werkstattbühne Auftragswerk der Bregenzer Nein. Wir sind drei sehr unterschiedliche Charaktere und kamen uns am Anfang wie ein etwas seltsamer, bunt zusammengewürfelter Haufen vor. Éna ist eine minimalistische Komponistin und auch Hugo hat seinen ganz eigenen Stil. Ich selbst bin sehr vielseitig und liebe es, neue Dinge zu schaffen. Während des Entstehungsprozesses von Hold Your Breath mussten wir alle lernen, unsere sehr unterschiedlichen Ästhetiken und Herangehensweisen zu verstehen. Für Éna und Hugo waren zudem die Dimensionen, in denen wir uns bewegen – sei es die Menge der Darsteller:innen und Musiker:innen oder die Größe des Bühnenraums – eine ganz neue Erfahrung. Unsere zweijährige Zusammenarbeit war sehr inspirierend! Aber wir haben auch viel miteinander diskutiert. Nicht unbedingt darüber, was wir machen möch- Festspiele im Rahmen des Opernateliers. In Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Bregenz Zum ersten Mal arbeitet der in Lissabon geborene Künstler Hugo Canoilas bei Hold Your Breath für einen Bühnenraum. Gemeinsam mit anderen ein Stück zu entwickeln, war eine faszinierende, neue Erfahrung: »Es war ein sehr interessanter Lernprozess! Das Wissen und Können der verschiedenen Abteilungen, vom Bühnenbau bis zur Kostümabteilung, war großartig. Ich konnte immer um Hilfe bitten.« Neu ist für Canoilas auch, dass das Publikum während des Stücks relativ lange mit seinem Werk konfrontiert sein wird: »In einer Galerie bleibt man ein paar Minuten vor einem Kunstwerk stehen, mehr nicht.« ◀ Auch ein 30 Meter langer Bühnen-Kraken beginnt sein Leben als Skizze ... 23
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