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Festspielzeit Sommer Extra 2018

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

WERKSTATTBÜHNE Welche

WERKSTATTBÜHNE Welche Gedanken bestimmten Ihre erste Lektüre von Yasushi Inoues Das Jagdgewehr? Karl Markovics: Was für wunderschöne Literatur! Aber wie soll man aus so einem Stoff eine Bühnengeschichte machen? Das waren meine ersten Gedanken. Als ich dann Friederike Gösweiners Libretto las, war ich überrascht, wie stimmig sich alles plötzlich anfühlte. Nichts war dramatisch aufgeladen oder gar dazugedichtet worden. Mit einer ganz eigenen Mischung aus Behutsamkeit und Bestimmtheit wurde die Geschichte von ihr in einen szenischen Ablauf herübergeholt – um nicht zu sagen »transzendiert«. In einigen Szenen ändert sich die erlebte Zeit der Figuren, teilweise über mehrere Jahre hinweg. Die Sängerinnen und Sänger spielen an einigen Stellen auch Schlaginstrumente. Welche schauspielerische Haltung und Spielweise erfordert dies auf der Bühne? Den Sängerinnen und Sängern wird einiges abverlangt – Gesang, Schauspiel, Perkussion. Das bedeutet, dass sie extrem offen, wach und frei mit ihrer Rolle und den Situationen umgehen müssen. Sie müssen der Szenerie, diese Projektionen sind aber mehr »bewegte Kulisse« als eigentliche Filme. Sie bringen das Element Zeit in den Raum, indem sie simple Naturereignisse wie Wolkenbahnen oder den Sonnenlauf zeitlich verdichtet ablaufen lassen. Wie sehr darüber hinaus meine Erfahrung als Filmregisseur eine Rolle bei der Arbeit spielen wird, kann ich noch nicht sagen. Ich denke aber schon, dass mein darstellerisches Augenmerk mehr vom Film als von der Bühne geprägt ist, was im Fall von Das Jagdgewehr durchaus »Ich möchte Menschen auf der Bühne, keine ›Figuren‹.« KARL MARKOVICS In der Novelle und auch in Thomas Larchers Oper kommen vor allem Geheimnisse, Sehnsüchte, Empfindungen zur Sprache, weniger konkrete Handlungsabläufe. Wie lassen sich solche »inneren Vorgänge« auf die Bühne bringen? Das ist die große Frage! Mögliche Antworten kann ich nur gemeinsam mit den Sängerinnen und Sängern finden. Gerade weil sich die Handlung in wenigen Sätzen zusammenfassen lässt, wird es bei der Probenarbeit auf die Wachheit aller Beteiligten ankommen, innere Zustände glaubhaft zu verkörpern. Dabei ist mir neben der Wahrhaftigkeit auch die Einfachheit der Darstellung wichtig. Ich möchte dem Zeremoniellen, das eine Oper immer mit sich bringt, eine Alltäglichkeit des Schauspiels gegenüberstellen. Ich möchte Menschen auf der Bühne und keine Stellvertreter, keine Idole und keine »Figuren«. schnell umschalten können von einer chorisch-instrumentalen zu einer solistisch-szenischen Funktion. Und das, ohne dabei die Leichtigkeit und das Momenthafte zu verlieren. Meine Hauptaufgabe wird dabei sein, den Sängerinnen und Sängern keine unnötigen Extrabelastungen aufzuerlegen und ihnen zu helfen, sich einen »Gefühlsraum« einzurichten. Ähnlich wie die Musik können Filmbilder die Fähigkeit besitzen, Geheimnisse und Andeutungen zu vergrößern und neue Sichtweisen zu ermöglichen. Wird in seiner Operninszenierung auch der Filmregisseur Karl Markovics zu erkennen sein? Meine Bühnenbildnerin Katharina Wöppermann und ich verwenden zwar filmische Projektionen als Teil 10 stimmig ist. Es gibt keine großen, opernhaften Affekte, keine theatralischen Gesten in diesem Stück. Und dennoch brodelt und wallt es unter der stillen, kalten Oberfläche wie ein Vulkan tief unter dem Eismeer. Wie haben Sie sich Thomas Larchers Musik für die Oper angenähert, die bisher nur in der Partitur zu lesen ist? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Komponisten in den vergangenen Jahren der Entstehung und Konzeption? Ich kenne Thomas Larchers Musik ziemlich gut. Ich habe alles von ihm gehört, was auf CD erschienen ist. Darüber hinaus kenne ich einige seiner Werke aus Uraufführungen beziehungsweise von Konzerten. Natürlich ist es in diesem Fall besonders spannend, weil ich bei dem

Karl Markovics' filmische Landschaftsaufnahmen verleihen einzelnen Szenen einen stimmungsvollen Hintergrund. DAS JAGDGEWEHR musikalischen Entstehungsprozess dabei war und immer noch bin, denn Thomas Larcher wird die Musik auch während der Proben noch adaptieren. Ich kenne die ersten Skizzen, die er mir am Klavier vorgespielt hat. Ich habe die Entwicklung der einzelnen Akte mitverfolgt. Und dazwischen gab es immer wieder große Etappen, wo wir nichts voneinander hörten und uns mit ganz anderen Arbeiten beschäftigten. Umso erstaunlicher ist es, dass wir jetzt tatsächlich unmittelbar vor Probenbeginn stehen. Für mich als Nichtmusiker wird es trotz meiner angesprochenen Vorkenntnis eine große Überraschung sein, die Oper eine Woche vor der Premiere zum ersten Mal vollständig zu hören. Sie haben bisher als Schauspieler für Fernsehen, Film und Theater sowie als Kinoregisseur gearbeitet. Was reizt Sie an der Inszenierung einer Opern-Uraufführung? So ziemlich alles, was ich künstlerisch noch nie getan habe oder noch nicht kenne oder kann, reizt mich. Ganz besonders gilt das für den musikalischen Ausdruck. Ich liebe Musik, weil alles aus ihr entsteht und in ihr enthalten ist. Das Sichtbare und das Unsichtbare ebenso wie das Hör-und Unhörbare oder das Sag- und Unsagbare. Mehr noch als die Malerei ist Musik für mich der menschenmöglichste Ausdruck des Absoluten. In der Oper kommt dazu, dass sich alle Disziplinen treffen – Drama, Musik, Literatur, bildende Künste. Oper und Film haben, was das betrifft, viel gemeinsam. Sie sind allumfassend. Die Schriftstellerin Susan Sontag soll einmal gesagt haben, dass Richard Wagner, würde er heute leben, Filme machen würde. Eine spannende Vorstellung. KARL MARKOVICS erlangte vor allem als Schauspieler national und international Bekanntheit. Hinter der Kamera ist der gebürtige Wiener als Regisseur und Drehbuchautor tätig, Das Jagdgewehr ist sein Debüt als Opernregisseur. UMBESETZUNG An Stelle von Mark Padmore, der die Rolle aus gesundheitlichen Gründen zurückgeben musste, wird nun der irische Tenor Robin Tritschler als Dichter in Das Jagdgewehr zu erleben sein. Robin Tritschler hat bereits mehrere Rollen zeitgenössischer und moderner Werke erarbeitet, darunter in Roger Waters' Ça Ira, Jonathan Harveys Wagner Dream und John Cages Europeras 1 & 2 bei der Ruhrtriennale. An der Welsh National Opera sang er u. a. Graf Almaviva (Der Barbier von Sevilla), Nemorino (L'elisir d'amore), Ferrando (Così fan tutte) und Don Ottavio (Don Giovanni). Weitere Engagements führten ihn an das Théâtre de la Monnaie Brüssel und Teatro Colón Buenos Aires. WERKSTATTBÜHNE DAS JAGDGEWEHR Thomas Larcher Premiere 15. August 2018 – 20.00 Uhr Vorstellungen 17. & 18. August – 20.00 Uhr 11

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