Aufrufe
vor 6 Jahren

Festspielzeit Winter 2017

  • Text
  • Goldschmidt
  • Cenci
  • Bodensee
  • Festspiele
  • Sommer
  • Symphoniker
  • Orchesterkonzerte
  • Carmen
  • Bizet
  • Bregenzerfestspiele
  • Bregenz
  • Musik
  • Juli
  • Oper
  • Festspielhaus
  • Vorarlberg
  • Wiener
  • Festspielzeit
Das Magazin der Bregenzer Festspiele

SPIEL AUF DEM SEE Frau

SPIEL AUF DEM SEE Frau Arquez, woran erinnern Sie sich am liebsten, wenn Sie an Ihre erste Festspielsaison in Bregenz zurückdenken? Gaëlle Arquez: Eines der schönsten Erlebnisse in Bregenz war wohl unsere Wanderung auf den Pfänder. An einem wunderschönen Sommertag bin ich mit meiner Familie hinauf auf den Berg gegangen, zu Fuß, nicht mit der Pfänderbahn! Auf dem Rückweg haben wir zufällig das Gasthaus Seibl entdeckt. Von dort hat man eine wundervolle Aussicht auf Bregenz und den See und dort haben wir unsere ersten Kässpätzle gegessen. Das war die beste Belohnung für die stundenlange Wanderung! Nicht nur vom Berg aus gesehen ist die Bregenzer Seebühne riesig. Wie geht man als Sängerin mit diesen Dimensionen, diesem Raum ohne Grenzen um? Was ich vorausschicken möchte: Draußen auf dem See zu singen macht großen Spaß! Während der Proben singen wir ohne Mikrofon, ich war am Anfang sehr überrascht, wie sehr das Wasser die Stimme trägt. Das war eine ganz neue Erfahrung. Wenn man die Akustik eines Theaters gewohnt ist, ist diese Situation am See in der ersten Probenzeit etwas irritierend. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und mich bald verbunden gefühlt mit der Natur um mich herum, dem Wasser, dem Wind und auch mit den Schwänen und Enten, die da vor uns herumschwimmen. Nicht einmal der Regen war ein Problem! Regisseur Kasper Holten mit Gaëlle Arquez während der Probenzeit 2017. Auf der Freiluftbühne sind Sie nicht nur Wind und Regen ausgesetzt, die Seebühne erfordert wegen ihrer Dimension auch eine gute körperliche Kondition. Wie bereitet man sich da vor? Sport gehört zu meinem Alltag. Ich betreibe regelmäßig Sport, um in Form zu bleiben, um Kraft und Ausdauer zu trainieren, aber auch als Entspannung vom beruflichen Stress. Vor den Proben zu dieser Produktion hatte ich aber doch große Bedenken wegen der Schlussszene im Wasser. Das hat sich aber bei den Proben schnell gelegt. Ich bin gerne im Wasser, werde technisch für diese Szene gut ausgestattet, für meine Sicherheit wird gesorgt. Heute ist dieser Teil der Oper eine meiner Lieblingsszenen. Im Spiel mit dem Wasser haben Sie keine Berührungsängste, wie zu sehen war. Trainieren Sie schon für den nächsten Sommer? Schwimmen zählt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Meine Eltern sind passionierte Taucher. Schwimmen und Tauchen bin ich seit meine Kindheit gewohnt. Deshalb musste ich nicht eigens für Bregenz trainieren. Ich freue mich schon sehr, dass ich den nächsten Sommer wieder in Bregenz verbringen kann. Ich liebe GAËLLE ARQUEZ wurde im französischen Sainte geboren und studierte Musikwissenschaft und Gesang in Paris. Die junge Mezzosopranistin singt an Opernhäusern in ganz Europa, lebt in Paris und Frankfurt. Unter der Regie von Kasper Holten debütierte sie bei den Bregenzer Festspielen 2017 als Carmen. 10

das Schwimmen im Bodensee, nicht nur in meiner Rolle als Carmen, auch in meiner Freizeit. Was macht Kasper Holtens Carmen besonders, was die Zusammenarbeit mit ihm? Mit Kasper zu arbeiten, ist großartig. Es ist eine erfüllende Erfahrung, denn er ist sehr einfühlsam und offen. Ich konnte die Figur der Carmen mitgestalten, eigene Ideen einbringen, Vorschläge machen, wie eine Bewegung, eine Reaktion aussehen könnte. Es war ein bisschen wie beim Kochen: Er hat mir gesagt, welche Zutaten er für sein Konzept hat, ich habe ihm vorgeschlagen, manches anders zuzubereiten. Das macht die Probenarbeit so interessant – man kann verschiedene Rezepte ausprobieren. Von wem auch immer Ungerechtigkeit, Respektlosigkeit oder Missbrauch ausgeht – steh dagegen auf, wehre dich, kämpfe.« Carmen liebt die Freiheit über alles. Aber sie glaubt an die Karten des Schicksals. Am Schluss geht Carmen zu Don José, obwohl sie weiß, dass er sie töten wird. Warum macht sie das? Sie hat sich für Freiheit und Unabhängigkeit entschieden. Carmen lebt das Leben, das sie leben will. Aber was immer geschehen soll, wird geschehen. Ihr Schicksal akzeptiert sie, so lange sie frei sein kann. Auch wenn der Preis dafür das eigene Leben ist. Natürlich können wir hinterfragen, welche Gefühle sie für Don José wirklich hat. Ich glaube, dass dies die erste Produktion ist, in der Carmen wirklich liebt und die Kontrolle über ihre Gefühle verliert. Sie ist plötzlich sehr verletzlich, das ist ein unerträgliches Gefühl für sie. Wenn du sehr verletzlich und verzweifelt bist, kann der Tod eine Befreiung sein. Wenn Sie Carmen neu schreiben könnten, wie würde die Oper enden? Mit dem Suizid von Don José. Bei mir würde sich Don José nach Carmens Tod umbringen. Quasi ein Revival von Romeo und Julia! CARMEN Was fasziniert Sie an der Opernfigur Carmen, welche Charakterzüge mögen Sie besonders? Wahrscheinlich ihre anarchische Art. Carmen kennt keine Regeln, keine Gesetze. Sie vertraut auf ihren Instinkt. Das Animalische macht ihre Kraft aus. Sie kann die Schwäche eines Manns riechen und fühlen, wie ein Raubtier seine Beute. Carmen ist eine willensstarke Frau mit intensiver erotischer Ausstrahlung, was kann diese Opernfigur einer Frau des 21. Jahrhunderts sagen? Für mich ist Carmen ein Symbol für die Freiheit von Frauen. Und so will ich sie singen. Ihre Botschaft heute: »Keiner steht über den anderen. Gaëlle Arquez spielt als Carmen mit den Herzen ihrer Verehrer. 11

Unsere Dokumente für Sie:

© 2021 Bregenzer Festspiele