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Festspielzeit Winter 2020

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

WER RASTET, DER ROSTET:

WER RASTET, DER ROSTET: GYMNASTIK FÜR EINEN CLOWN SPIEL AUF DEM SEE Wer einen Sommer lang durchschläft, der muss sich irgendwann bewegen. Das gilt auch für den Rigoletto-Clown, den Festspieltechniker vor seiner zweiten Winterpause einem ausgiebigen Gymnastikprogramm unterzogen haben. Schließlich ist die 48 Meter breite Skulptur das wandlungsfähige Herzstück der Inszenierung und wohl auch das komplexeste Bühnenbild, das es bei den Bregenzer Festspielen je zu sehen gab.

Kaum ein Theaterkritiker und kaum eine Theaterkritikerin, die nach der Rigoletto-Premiere nicht auf die eindrucksvollen Bewegungen des Bühnen-Clowns Bezug genommen hätten. »Frappant, welche Vielzahl an Gesichtsausdrücken, welchen mimischen Reichtum diese Bühnenskulptur zu leisten imstande ist«, schrieb beispielsweise die Austria Presse Agentur in ihrer Premierenkritik und kam zum Schluss: »Dieser Rigoletto hat eine neue Zeitrechnung in Sachen Bühnentechnik bei den Bregenzer Festspielen eingeläutet.« VON CUE ZU CUE Mit Hilfe von neun Kamerabildern überblickt das Technik-Team das Geschehen auf der Rigoletto-Bühne. RIGOLETTO Dabei geht es in vielen Szenen der opulenten Inszenierung um Millimeterarbeit, sagt der technische Leiter der Bregenzer Festspiele, Wolfgang Urstadt. Niemand weiß das besser als er, auch wenn dies angesichts der gewaltigen Ausmaße des Bühnenbilds aufs Erste übertrieben scheint. Mit gegeneinandergehaltenen Handflächen nimmt Urstadt ein fiktives Maß, um es zu veranschaulichen: »Das ist das Fenster, das die Software für eine Bewegung der Bühne vorgibt. Wird ein Punkt überschritten, wird automatisch gestoppt.« Die gesamte Aufführung ist in viele solcher Bewegungen, sogenannte »Cues« unterteilt. Ein Cue kann wenige Sekunden dauern, ein anderer eine Minute oder mehr. Schon aus Sicherheitsgründen gibt es bei Rigoletto ausschließlich automatische Fahrbewegungen. »Jede davon wurde sicher programmiert und ausgetestet, bevor man Leute auf die Bühne gelassen hat«, versichert Urstadt. Schließlich werden unglaubliche Massen geradezu spielerisch bewegt: Der Kopf, der an der 34,7 Meter langen Wippe befestigt ist, wiegt allein 35 Tonnen; um ihn im Extremfall innerhalb von 27 Sekunden von 14,5 Grad nach minus 28 Grad zu drehen, ist ein hydraulischer Druck von bis zu 160 bar notwendig. Alle Mitwirkenden müssen während einer Aufführung ihre genauen Positionen kennen und einhalten. Videokameras unterstützen bei der Überwachung des sicheren Zusammenspiels von Mensch und Maschine. Die monatelange Tüftelei und der Mut zum Außergewöhnlichen machten sich für die Bregenzer Festspiele schließlich bezahlt: Rigoletto bescherte dem Festival im Sommer 2019 nicht nur anerkennende Kritiken, sondern auch ausverkaufte Vorstellungen. FIT DURCH DEN WINTER Bis Rigoletto nach der Corona-bedingten Pause auf die Seebühne zurückkehrt, dauert es noch ein paar Monate. Damit auch nach dem Winter wieder alles reibungslos läuft, wurde die Bühne vorher nochmals ausgiebig auf ihre Funktionsfähigkeit getestet: Die Hände und Finger des Clowns wurden bewegt, ebenso der Kopf sowie die Halskrause. Und wie steht es um die Fitness des Riesen? Steuerungstechniker Stefan Frischke ist zufrieden. Bis auf wenige Nachjustierungen habe der Test »sehr gut funktioniert«. Das Augenmerk galt vornehmlich mechanischen Komponenten wie Schweißnähten und Verschraubungen, die im Unterschied zur Steuerungstechnik nicht elektronisch erfasst werden können. Alle Bewegungsabläufe wurden mehrfach angesteuert, um zu sehen, ob es den Clown »vielleicht irgendwo nur zwickt und deshalb nachjustiert werden muss oder ob aufgrund einer Gicht schon eine komplette Physiotherapie vollzogen werden muss«, erklärt Frischke augenzwinkernd. Bis zum Frühjahr 2021 darf der Rigoletto-Clown also weiterschlummern. Dann wird ihn das Team der Technik erneut erwecken und auf die Premiere am 22. Juli vorbereiten, wenn er endlich wieder gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern vor Publikum auftreten darf. SPIEL AUF DEM SEE RIGOLETTO Giuseppe Verdi Oper in drei Akten (1851) | Libretto von Francesco Maria Piave nach Victor Hugos Le roi s'amuse (1832) | In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung Julia Jones, Daniel Cohen Insze nie rung Philipp Stölzl Bühne Philipp Stölzl, Heike Vollmer Kostüme Kathi Maurer Premiere 22. Juli 2021 – 21.15 Uhr Vorstellungen siehe Spielplan in der Heftmitte 17

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