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Festspielzeit Winter 2022

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Das Magazin der Bregenzer Festspiele

SPIEL AUF DEM SEE Nach

SPIEL AUF DEM SEE Nach Ihren vielen Auftritten als Madame Butterfly auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele: Was war Ihr eindrücklichstes Erlebnis? Elena Guseva: Soll ich ganz ehrlich sein? Es war ein windstiller Abend, sehr warm, alle Augen auf mich gerichtet. Gerade als ich zu singen begann, ist mir diese Mücke in den Mund geflogen! Was macht man in einer solchen Situation? Augen zu und durch, dachte ich mir. Der einzige Mensch, der es richtig mitbekommen hatte, war meine Kollegin in der Rolle der Suzuki. Sie trägt auf der Bühne eine graue Perücke. Fast hätte ich selbst graue Haare bekommen! Ansonsten gibt es natürlich sehr viele starke und positive Momente, die ich mit Bregenz verbinde. Ich fühle mich hier sehr wohl. Sind die Bregenzer Festspiele Ihre erste Bühnenerfahrung unter freiem Himmel? In der Bregenzer Inszenierung, die ja ohne Pause gespielt wird, stehen Sie fast ununterbrochen im Scheinwerferlicht. Wie fordert Sie das physisch? Durch die fehlenden Unterbrechungen geht das ganz schön an die Substanz. Im dritten und letzten Akt, wenn ich in das Papierboot steige, habe ich eine Viertelstunde lang auch keine richtige Erholung, weil ich mich die gesamte Zeit über ducken muss, damit mich das Publikum nicht sieht. Da fällt dann erst die ganze Spannung ab, wenn mit dem Schlussbild die Aufführung zu Ende geht und der Applaus einsetzt. Aber für Puccini nimmt man das gerne auf sich. Die Madame Butterfly ist meine Lieblingspartie. Haben Sie die Madame Butterfly zuvor schon einmal verkörpert? Ja, zum ersten Mal im Stanislawskiund Nemirowitsch-Dantschenko- Musiktheater in Moskau, später an der Wiener Staatsoper. Ich habe eine ganz besondere Beziehung zu dieser Figur. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst – genauso wie Cio-Cio-San auch – Kinder habe. Eine Tochter und einen Sohn. Meine Tochter ist mit mir hier in Bregenz, genauso wie mein Mann, der auch Sänger ist. Mein Sohn ist hingegen bei seinen Großeltern. ich sogar den Gang einer Geisha zu Hause trainiert, in dem ich mir die Knie mit einem Seil zusammengebunden habe. Denn anfangs war ich viel zu schwungvoll für den Auftritt, den sich die Regie vorgestellt hatte. Meine Körpersprache hatte nicht gepasst. Apropos Regie: Wie fanden Sie die Arbeit mit Andreas Homoki, der die Madame Butterfly auf der Seebühne inszeniert? Er ist großartig! Man darf nicht vergessen, dass er ja gleich mit drei verschiedenen Besetzungen arbeitete. Er musste dabei jedem einzelnen Cast gerecht werden und auf verschiedene Arten einen Zugang finden. Das gelang ihm ausgezeichnet, obwohl alle drei Besetzungen für sich genommen jeweils ein bisschen anders sind. Kannten Sie bei Ihrer Ankunft in Bregenz alle aus dem Team oder trafen Sie auf komplett neue Menschen? Fast. Bis auf einen Bonzo-Darsteller kannte ich tatsächlich niemanden. Aber wir sind als Team sehr schnell zusammengewachsen. Es geht oft sehr familiär zu. Ich genieße das. Wie ist es mit der Stadt selbst? Gefällt Ihnen Bregenz? Nein, das nicht. Aber in dieser Größenordnung vor so viel Publikum? Das ist etwas Einmaliges. Ich muss zugeben, dass mich die vielen Zuschauer:innen vor ausverkauften Rängen schon nervös gemacht haben. Und wie das bei Open-Air-Veranstaltungen eben ist: Man hofft ständig auf gutes Wetter und schaut permanent auf die Prognosen. Wir hatten diesen Sommer sehr unterschiedliche Bedingungen. Gerade wenn es regnete, musste man schon sehr darauf achtgeben, dass man sicher über die unebene Seebühne kam. Wie nähern Sie sich einem Charakter an, den Sie spielen sollen? Ich bin stark beeinflusst von Konstantin Sergejewitsch Stanislawski, einem russischen Regisseur und Theoretiker, der Anfang des 20. Jahrhunderts das Theaterspiel reformierte und von Schauspieler:innen die totale Identifizierung mit einer Rolle forderte. Dementsprechend versuche ich, tief in die Figur einzutauchen. Ich lese viel und setze mich mit den unterschiedlichsten Materialien auseinander. Damals in Moskau habe Ich habe überall das Gefühl, willkommen zu sein. Die Menschen in Österreich sind sehr offen. Und sie können wunderbar kochen! Ich liebe Wiener Schnitzel und Tafelspitz! Gerade eben habe ich Kässpätzle zum ersten Mal probiert. Ein bisschen mächtig, aber wunderbar! Ich liebe auch die Berge. Meine Unterkunft ist etwas erhöht, sodass ich ein schönes Panorama habe, wenn ich das Fenster aufmache – und wenn ich genau lausche, höre ich sogar die Kolleginnen und Kollegen auf der Seebühne, wenn ich gerade nicht spiele. 14

Wie gestalten Sie spielfreie Tage, was tun Sie für die Stimme? In erster Linie versuche ich, so wenig wie möglich zu sprechen. Was natürlich schwierig ist, wenn Sie fast ständig eine quirlige Tochter um sich herum haben, die viel zu erzählen und zu fragen hat. Als Künstlerin, die die meiste Zeit des Jahres aus dem Koffer lebt, müssen Sie sehr flexibel sein. Wie schaffen Sie das? Mit meinen beiden Kindern ist das natürlich nicht so einfach. Mein Zuhause ist Moskau, wohin ich sooft wie möglich zurückkehre. Ich schaffe es aber nicht immer und wenn, dann ist es nur für ein paar Tage. Auf der anderen Seite genieße ich dieses abwechslungsreiche und schnelle Leben sehr. Ehrlich gesagt kenne ich es nicht anders. MADAME BUTTERFLY Wohin führt Sie Ihr Weg, bevor Sie im nächsten Sommer wieder für Madame Butterfly nach Bregenz zurückkehren? fehlt Ihnen noch, die Sie unbedingt einmal verkörpern wollen? Da gibt es einige Stationen. In Lyon singe ich die Elisabeth in Richard Wagners Tannhäuser, an der Semperoper Dresden die Rusalka in Antonín Dvořáks gleichnamiger Oper. Dann bin ich in München, in Mailand … ... das klingt, als hätten Sie nicht viel Urlaub! Oh, wenn Sie sich hier in Bregenz mal umsehen, könnte man denken, dass wir hier sowieso im Urlaub sind. Wir haben den Sommer sehr genossen, die Sonne, den Bodensee und die schöne Stadt. Natürlich gibt es da noch einiges, ich habe viele Träume! Ich glaube, mein Weg ist für eine Sängerin nicht ungewöhnlich: Man fängt mit leichteren Partien an und entwickelt sich hin zu schwierigeren Rollen. Eine Oper, die ich besonders liebe, ist Giuseppe Verdis Don Carlos. Die Elisabetta würde ich wirklich gerne einmal singen. Aber das kann noch kommen – schließlich bin ich ja noch jung! Gibt es irgendeine Musik, die Sie fern von Oper und Klassik im Moment gerne hören? ELENA GUSEVA wurde in Russland geboren, wo ihre außergewöhnliche Stimme bereits als Kind entdeckt wurde. Sie studierte Chorleitung und war nach ersten Engagements in ihrer Heimat bereits u. a. an der Wiener Staatsoper, der Deutschen Oper Berlin, der Semperoper Dresden und an der Opéra national de Lyon zu erleben. Nach ihrem diesjährigen Debüt bei den Bregenzer Festspielen kehrt sie 2023 in ihrer Lieblingspartie als Madame Butterfly auf die Seebühne zurück. Ihr Repertoire ist breit gefächert und umfasst auch die Titelpartien von Aida und Tosca – welche Figur Aber natürlich! Es sind die Lieder meiner Kinder, die Musik ihrer Lieblingsfilme. Das genügt mir neben den Opern vollkommen. 15

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