BREGENZER FESTSPIELE 2023 Aufopfernde Hingabe, gekränkte Ehre und zeitlose Machtfragen Intendantin Elisabeth Sobotka über das Programm der Bregenzer Festspiele 2023
Überall ist vom Schwinden des Publikums die Rede. Giacomo Puccinis Madame Butterfly in der Inszenierung von Andreas Homoki war hingegen im vergangenen Sommer zu 100 Prozent besucht und der Vorverkauf für 2023 ist gut angelaufen. Sind Sie vom Erfolg überrascht? Elisabeth Sobotka: Gerade dieser Tage freue ich mich besonders, dass unsere Madame Butterfly als beste Neuproduktion für den International Opera Award 2022 nominiert ist! Man kann die Inszenierung fast als eine Art Gegenentwurf zu Philipp Stölzls Rigoletto von 2019|21 sehen. Wir haben bewiesen, dass suggestive Bildkraft sowie eine subtil gedachte und konzipierte Inszenierung unser Publikum genauso begeistert wie Spektakel, Buntheit und größtmögliche Abwechslung. Das erfüllt mich mit Freude. Es gab anfangs durchaus auch kritische Stimmen, die meinten: »Das Blatt Papier und das war es dann?« Aber wir konnten zeigen, dass auf der Seebühne auch eine ganz konzentrierte Opernvorstellung funktioniert. Das ist das Wunderbare an dieser Produktion. ELISABETH SOBOTKA ÜBER DAS PROGRAMM Am 19. Juli 2023 startet die neue Festspielsaison mit der Premiere von Giuseppe Verdis Oper Ernani im Festspielhaus, die dem damals 31-Jährigen den endgültigen Durchbruch als Komponist brachte. Sie war eine seiner meistgespielten Opern im 19. Jahrhundert, heute ist sie weitgehend unbekannt. Wie sind Sie zu diesem Stück gekommen? Für mich gehören die frühen Verdi- Opern zu den schwungvollsten, verspieltesten und mitreißendsten Musiktheaterkompositionen überhaupt. Da ist er noch ganz wild und ungeschliffen, noch nicht so ausgereift wie in seinen späteren Werken. Gerade die Brüchigkeit und die unmittelbare Kraft, die er aus der Melodie, Rhythmik und Dynamik entwickelt, faszinierten mich schon immer. Mit einem Fuß steht er noch ganz in der Tradition von Vincenzo Bellini, mit dem anderen ist er schon in der Zukunft. Ich dachte eigentlich nicht, dass ich mit dieser Meinung auf so viel Begeisterung stoße bei einer jungen Regisseurin wie Lotte de Beer. Aber als wir uns über Opernstoffe austauschten und ich Ernani erwähnte, ist genau das Gegenteil passiert: Lotte de Beer liebt das Stück und möchte es schon seit längerer Zeit unbedingt inszenieren. Nebenbei bemerkt: Es gibt einen ganz bekannten Film, den jeder Opernfan schon einmal gesehen hat, 5 höchstwahrscheinlich aber nicht im Bewusstsein, dass Ernani darin auch vorkommt: Werner Herzogs Fitzcarraldo von 1982. Dennoch bemerkenswert, dass ein solcher Opernstoff eine junge Regisseurin interessiert. Immerhin streiten drei Männer – der Rebellenführer Ernani, der spanische König und spätere Kaiser Karl V. sowie der Aristokrat Silva – um Elvira und trachten einzig und allein nach Rache. Es geht um die Ehre, um die gekränkte Ehre, um die verletzte Ehre und was man für die vermeint-
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