Zu Beginn geht es darum, eine lebendige, aufgeladene, humorvolle Welt zu etablieren, die dem Publikum nicht fremd, sondern aufregend und reizvoll entgegenkommt. Die Sängerinnen und Sänger sollten überraschend pragmatisch ihre schöne Arbeit ausüben. Unheilig. Mit wenig Respekt dem hehren Berufe gegenüber. Man sollte sich eher mit ihnen identifizieren können als mit dem coolen rotweintrinkenden Anzugträger links vorn oder der gewissenhaften guten Seele des Theaters auf der Seitenbühne und überall. Das szenische Wechseln zwischen einer behaupteten, unsichtbaren Bühne und unserer Seitenbühne, zwischen pathetischer Geste und schnellem Parlando im Rezitativ soll anfänglich zu lustvollem Multitasking aus Vorbereitung für die Auftritte, Abschluss der Wette und fröhlichem Rollenspiel in der Treueprobe führen. Außerdem lernen wir die Akteure „privat“ kennen, geerdet, wenn sie sich unbeobachtet glauben, und erleben, wie sie von diesem Zustand in den des Spiels, der Aktion wechseln. Dies ist elementar wichtig, damit der zweite Teil funktionieren kann, wenn die Wechsel ineinander verschwimmen. Wir starten in fröhlicher Illusionslosigkeit und stürzen ab in ungeahnte Schluchten, ohne am Schluss urteilen zu können und zu wollen, ob wir eine unerfüllte Sehnsucht der Endphase hergeben würden für die Hinterbühnenspäße des Beginns, und ohne uns einzubilden, wir würden wissen, ob der Tenor nun zum Sopran „besser passt“ als der Bariton. Über- und unterschätzt haben sich alle und blicken erschreckt und erschrocken einander und sich selbst in die Seele. Niemand weiß wirklich, warum die Traurigkeit näher am Glück zu sein schien als irgendein erfüllter Wunsch. 12
Es geht um Spiel im Spiel im Spiel: Die Figuren empören sich übereinander. Zum Teil ist das gespielt, denn jeder Menschenverstand weiß um die Problematik von Treue und Moral. Zum Teil ist es real, denn wer will da wen belehren? Der (geistig) Alte bildet sich eine spannende Vergangenheit der freien Liebe ein und glänzt mit Stammtischweisheiten über die Frauen. Die (geistig) Jüngeren haben längst Werte wie Klarheit, Beständigkeit, Treue, Monogamie wiederentdeckt, und zwar nicht als Verzicht auf Freiheit, sondern als heutige Entscheidung. Die Paare trauen sich locker einen Selbstversuch zu. Aus Langeweile? Als Selbstbestätigung? Auf jeden Fall als Behauptung des freien Willens und in drastischer Unterschätzung der eigenen Grenzen. Die Wette, ein Spiel soll Gewissheit bringen. Spielfreude und Risikobereitschaft sind ebenso Voraussetzung wie hilfreicher Motor für die Eskalation der Versuchsanordnung. Natürlich spielt auch die Ahnung eine Rolle, dass da noch etwas anderes, bisher Unbekanntes lauert: Gefahr. Rausch. Selbstaufgabe. Grenzerfahrung. Machtausübung. Exzess. Sex, Todesnähe. Unausgesprochen wird geahnt, dass man die Wette auch verlieren könnte... GEDANKEN ZUR INSZENIERUNG 13
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