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Programmheft Beatrice Cenci 2018

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Beatrice Cenci von Berthold Goldschmidt Oper in drei Akten (1949/50) Libretto von Martin Esslin nach The Cenci von Percy Bysshe Shelley (1819) Deutsche Version von Berthold Goldschmidt Mit deutschen Übertiteln Premiere: 18. Juli 2018 - 19.30 Uhr Dauer: 2 1/2 Stunden (inkl. Pause)

und trug wesentlich dazu

und trug wesentlich dazu bei, dass in England das Werk Gustav Mahlers bekannt wurde: 1959 leitete er für die BBC die erste vollständige britische Wiedergabe der dritten Sinfonie Mahlers; wenig später beriet er den Musikwissenschaftler Deryck Cooke bei der Rekonstruktion der unvollendeten zehnten Sinfonie Mahlers. Goldschmidts erneutes Komponieren ab Anfang der 1980er Jahre war eng verbunden mit seiner gleichzeitig einsetzenden Wiederentdeckung. Zum einen erkannte die sich zu dieser Zeit langsam entwickelnde Exilmusikforschung Goldschmidt nicht nur als einen sich lebhaft erinnernden Zeitzeugen, sondern auch die Bedeutung seiner Kompositionen. Zum anderen begannen Interpreten wie Sir Simon Rattle, das Mandelring-Quartett und Kolja Lessing Goldschmidts Werke aufzuführen. Die Tonträgerindustrie zog nach, so dass Goldschmidt Mitte der 1990er Jahre zum Medienstar der Klassikszene avancierte. In diesem Kontext erfolgte 1994 die szenische Uraufführung der Beatrice Cenci am Theater Magdeburg. Überzeugt von der künstlerischen Qualität des Werks stellte Mathias Husmann, der Dirigent der Uraufführung, fest: »Die Oper Beatrice Cenci von Berthold Goldschmidt ist jung wie am Tag ihrer Entstehung. [...] Musikalische Substanz, geistige Disziplin, handwerkliche Qualität und ein natürliches Bekenntnis zur Tradition setzen Maßstäbe jenseits aller Moden und zwingen zur kritischen Betrachtung der Gegenwart. [...] Als Werk eines Musikers, der die Oper von innen heraus – als Kunstgattung wie als Kunstbetrieb kannte, bevor er selber eine Oper schrieb [...], hat Beatrice Cenci alle Voraussetzungen, Eingang in den Repertoirekanon zu finden.« BARBARA BUSCH ZWISCHEN AVANTGARDE UND ROMANTISCHEM BELCANTO Beatrice Cenci ist eine dreiaktige Oper mit sinfonisch konzipiertem, durchsichtig angelegtem Orchestersatz, der freitonale Momente aufweist, sich letztlich aber an tonalen Zentren orientiert. Die brutalen Momente von Vergewaltigung, Mord und Hinrichtung entfallen im Libretto; sie ereignen sich quasi hinter der Bühne und schaffen so Raum für eine Fokussierung auf die psychischen Befindlichkeiten der Personen. Die Musik reagiert auf diese Konzeption, indem sie ihrerseits eher zu einer Dämpfung als zu einer Steigerung der Brutalität des Stoffes beiträgt. Die Tragödie verliert dadurch allerdings keinen 21

Funken an Intensität. Ausgehend von Shelleys romantischer Lesart des Renaissance-Stoffs wählte Goldschmidt seinerseits eine historisierende Sichtweise. Bewusst lässt er Klänge der Renaissance und des englischen Barocks in stilisierter Form assoziieren und stellt so musikalisch eine Verbindung zur Handlungszeit des Sujets her. Der Grundklang der Oper ist von dieser Prämisse bestimmt. Das in einer klassisch-romantischen Tradition stehende symphonische Orchester setzt Goldschmidt im Sinne einer komplexen Mischregistrierung ein, wie sie für das 19. Jahrhundert typisch ist. Gezielt wird dieses vorherrschende Klangprinzip zeitweise durchbrochen: Wenn sich im zweiten Akt Streicher und Bläser gruppenweise gegenüberstehen, so erinnert dies an den Klang englischer Barockkompositionen, wie er sich in den broken consorts, den Instrumentalensembles des 16./17. Jahrhunderts in gemischter Besetzung von Streichern und Bläsern, manifestiert. Darüber hinaus schuf Goldschmidt durch die Art und Weise des Einsatzes des modernen Instrumentariums Momente, die auch Klänge der Renaissance in stilisierter Form assoziieren lassen und so musikalisch eine Verbindung mit der Handlungszeit des Sujets herstellen. Seine Vorstellung eines leicht Patina-artigen Untertons realisierte er durch die bevorzugte Verwendung tief klingender Instrumente bzw. durch den Einsatz tiefer Register wie gleich zu Beginn der Ouvertüre des ersten Aktes. Zu diesem von Goldschmidt intendierten historisierenden Charakter passt auch das chorartige Auftreten der Blechbläser wie zu Beginn des zweiten Bildes im ersten Akt und gegen Ende des dritten Aktes. Ihr Einsatz lässt sowohl die Venezianische Schule des späten 16. Jahrhunderts als auch Turmmusiken aus Renaissance und Barock anklingen. Unter den Schlaginstrumenten ist dem Einsatz des Gongs besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Zwar gelangt er nur vierzehnmal zum Einsatz, dafür erklingt aber seine dunkle Farbe jedes Mal an exponierter, gut wahrnehmbarer Stelle und ist mit dem Tod in Verbindung zu bringen. Der Einsatz des Gongs ist paradigmatisch für Goldschmidts Umgang mit dem durch Tyrannei, Gewalt und Tod negativ besetzten literarischen Stoff: Goldschmidt verzichtet konsequent darauf, mit einer hektisch, schrill oder brutal klingenden Musik auf das Thema zu reagieren. Stattdessen setzt er gezielt dunkle 22

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