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Programmheft Beatrice Cenci 2018

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Beatrice Cenci von Berthold Goldschmidt Oper in drei Akten (1949/50) Libretto von Martin Esslin nach The Cenci von Percy Bysshe Shelley (1819) Deutsche Version von Berthold Goldschmidt Mit deutschen Übertiteln Premiere: 18. Juli 2018 - 19.30 Uhr Dauer: 2 1/2 Stunden (inkl. Pause)

Klangfarben wie die des

Klangfarben wie die des Gongs ein, und wählt einen eher ruhigen, Extreme weitgehend aussparenden Grundklang. »EIN BÜHNENWERK MIT DANKBAREN PARTIEN« Das Libretto der Beatrice Cenci gibt einen Spannungsbogen vor, den Goldschmidt mit ebenso großem Gespür für zeitliche Proportionen nachzeichnete, wie er auch Arien, Ensemblesätze und Chöre aus musikdramaturgischen Überlegungen heraus geschickt einsetzte. Im Rahmen einer Rundfunksendung aus dem Jahr 1950 formulierte Goldschmidt unmissverständlich sein Anliegen, den Gesangspartien besondere Aufmerksamkeit zu schenken: »Bei aller konzessionslosen Modernität meiner Musik lag mir daran, in erster Linie eine Oper für Sänger zu schreiben. Ein Bühnenwerk mit dankbaren Partien, die zu erlernen jedem Stimmbegabten Vergnügen und deren Besetzung keinem unserer üblichen Opernensembles Schwierigkeiten machen würde.« Und so verzichtet er einerseits im Rahmen eines vom Tonfall der Sprache angeregten, syllabischen und ihm nachempfundenen Gesangs auf Koloraturen sowie auf größere, abrupte Intervallsprünge und überstrapaziert die Stimmumfänge weder in der Höhe noch in der Tiefe. Andererseits war ihm daran gelegen, dass jeder Protagonist einen solistischen Einsatz erhält. BARBARA BUSCH Faktisch handelt es sich um lyrische Einschübe, die den dramatischen Diskurs durch ihr kontemplatives Moment – ganz im Sinne des klassischen Verständnisses der Arie – unterbrechen und das dramatische Tempo stauen. Zum anderen sind es die fest im dramatischen Geschehen verankerte Monologe, die folglich nur in ihrem jeweiligen inhaltlichen Zusammenhang voll zu erschließen sind und daher nicht von der gleichen musikalischen Geschlossenheit sind wie die Arien. Diese Monologe finden sich im ersten Akt, als Orsino beschließt, Beatrices Bittschrift nicht weiterzuleiten und als Beatrice die Gäste um Hilfe bittet. Im zweiten Akt ist Graf Cencis letzter Auftritt vor seiner Ermordung zu nennen und schließlich im dritten Akt Camillos Bestätigung des päpstlichen Hinrichtungsurteils. 23

Der Wunsch nach lyrischen Passagen führte zur Integration von Gedichten Shelleys. So griff Esslin im Rahmen der Librettogestaltung auf einige Strophen der Serenade To Sophia zurück, die getanzt und gesungen den Höhepunkt des festlichen Beisammenseins im Haus Cencis im ersten Akt bildet und das kommende Unheil geradezu heraufbeschwört. Im zweiten Akt fanden zwei Gedichte Shelleys Eingang: Das erste ist A dirge, ein Klagegesang, den Esslin einfügte, um Beatrices Verzweiflung Ausdruck zu verleihen. Das zweite Gedicht Time wird von Lucrezia vorgetragen, als sie auf die Ankunft der gedungenen Mörder wartet; Goldschmidt hatte es bereits 1943 für tiefe Stimme und Klavier vertont und fügte es nun mit minimalen Veränderungen des Notentextes im Rahmen der Orchestrierung des Klaviersatzes in die Oper ein. Zwar dominieren in der Partitur sukzessiv vertonte Textpassagen, doch verfolgt Goldschmidt diesen Ansatz nicht dogmatisch. Im Gegenteil: Bewusst durchbricht er ihn, um musikalisch auf inhaltliche Gegebenheiten zu reagieren. Gegen Ende einer Handlungsphase stehen Ensemblesätze, die maßgeblich zu einer musikalischen Spannungssteigerung beitragen. So mündet die erste Handlungsphase des ersten Aktes in einem Terzett, in dem Lucrezia, Beatrice und Bernardo ihr gemeinsames Leiden unter Graf Cenci artikulieren. Ähnlich verhält es sich im zweiten Akt, wo es zu einem kurzen, nur sechs Takte langen Terzett-Einschub kommt. Lucrezia, Orsino und Beatrice sind entschlossen, Graf Cenci zu ermorden; sie bestätigen ihr gemeinsames Vorhaben, sich am Grafen zu rächen. Neben Ensemblepassagen sind es die musikdramaturgisch gezielten Einsätze des gemischten Chores, die zur Spannungsintensivierung beitragen: Innerhalb der einzelnen Akte befinden sich die dramatisch spannendsten Momente jeweils im letzten Drittel. Parallel dazu tritt sowohl szenisch als auch musikalisch wirksam der Chor auf. Der gewichtigste Auftritt kommt ihm sicherlich am Ende der Oper zu. Während hier der Chor zunächst die Volksmenge repräsentiert, die für und gegen die Verurteilten Position bezieht, stimmt er wenig später geschlossen eine Totenmesse für die Hingerichteten an. In dieser Passage griff Goldschmidt auf sein bereits 1926 entstandenes Requiem zurück. Dieser Rückgriff auf ältere Kompositionen steht beispielhaft für Goldschmidts Arbeitsweise im Londoner Exil. Zugleich stellt es ein 24

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