steckt dahinter? Nun, die Gesellschaft wird mobiler. Bis dahin war Ehre Bestandteil sozialen Status. Aber jetzt genügt die ständische Qualität nicht mehr. Zusätzlich zur adligen Herkunft braucht man ein Kriterium, das einen Mann unter Gentlemen gesellschaftsfähig macht. Es ist die virtú, eine männlich geprägte Festigkeit und Todesverachtung. Das was man in Deutschland später »Haltung« nannte. Die Ausrichtung an diesem Codex der Ehre entscheidet über die Erteilung von Achtung oder Missachtung von Seiten der Standesgenossen, und daran knüpft man in der Regel seine eigene Selbstachtung. […] Wenn das beherrschende Thema Hamlets [zunächst] die Krankheit war, an der der ganze Staat Dänemark gelitten hat, so ist es nun […] der Tod. Wenn das Stück mit dem Geist begann, der vom Friedhof kam, so kehren wir jetzt zum Friedhof zurück. Hamlet selbst nähert sich dem Grab, und die Tragödie nähert sich der Katastrophe. Der Tod selbst präsentiert sich als Narr, das Knochengerippe grinst. In diesem Grinsen liegt der Hohn auf die Endlichkeit. Zugleich ist der Tod der große Gleichmacher. Er ebnet die sozialen Differenzen ein. Darin steckt ein egalitäres Moment. Die Erinnerung an den Tod im Totentanz war häufig sozialkritisch. Edelmann, Bürger, Bauer, Bettler und dazwischen jeweils ein Tod formierten sich zu einem Reigen, bei dem die sozialen Differenzen nichts mehr zählten. Der Tod reißt die Maske vom Gesicht. Er endet auch das Schauspiel. Er ist deshalb das adäquate Ende einer Tragödie, wo die Schauspieler alle gleich werden: tot. Darin hat der Tod etwas Entlastendes. SHAKESPEARES HAMLET Dietrich Schwanitz 15
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