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Programmheft Hoffmanns Erzählungen 2015

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Oper im Festspielhaus 2015 Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach Phantastische Oper in fünf Akten In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln Libretto von Jules Barbier nach dem Schauspiel von Jules Barbier und Michel Carré Premiere: 23. Juli 2015 - 19.30 Uhr Weitere Aufführungen: 26. Juli - 11.00 Uhr sowie 30. Juli, 2. und 6. August - 19.30 Uhr

der umfangreichen

der umfangreichen Serapionsbrüder, die Prostituierte Giulietta in Die Abenteuer der Sylvester-Nacht. Daneben ziehen sich durch das Theaterstück wie auch Offenbachs Oper viele weitere Spuren aus Hoffmanns Texten, die mehr oder weniger deutlich zu erkennen sind: Die Studenten in Luthers Weinstube in Berlin – wo der Autor gerne zu Gast war – vergöttern wie Hoffmann selbst die Sängerin der Donna Anna in einer Vorstellung von Mozarts Don Giovanni, Nicklausse wandelt sogar Leporellos erste Zeile aus der Oper ab und singt dessen Melodie – Hoffmanns Erzählung Don Juan klingt hier an. In seiner Arie im ersten Akt erzählt Hoffmann von Klein-Zack, die Vorlage bietet seine eigene Erzählung Klein Zaches genannt Zinnober. Die Stimme der Sängerin als unmittelbarer Ausdruck des männlichen Begehrens, das unstillbar bleiben muss, um zu existieren, bringt Hoffmanns Die Fermate auf den Punkt: „Glücklich ist der Komponist zu preisen, der niemals mehr im irdischen Leben die wiederschaut, die mit geheimnisvoller Kraft seine innere Musik zu entzünden wusste.“ Es verwundert nicht, dass ausgerechnet Hoffmanns Figur des Sandmanns von Sigmund Freud als Beispiel herangezogen wird, um seinen Begriff des Unheimlichen zu erläutern. Es sind die Wiedergänger, die Menschen, die sich auf seltsame Weise mit anderen Personen der eigenen Erinnerung verbinden, die das Unheimliche erzeugen. Der junge Nathanael – diesen Namen trägt übrigens einer der Studenten in Luthers Weinstube in Offenbachs Hoffmanns Erzählungen – sieht in dem Advokaten Coppelius, der abends seinen Vater besucht und sich mit ihm in dessen Arbeitszimmer zurückzieht, den Sandmann, von dem ihm als Kind erzählt wurde. Dieser Sandmann streue Kindern, die nicht schlafen gehen wollen, so viel Sand in die Augen, dass diese „blutig zum Kopf herausspringen“. Nathanael macht Coppelius für den Tod des Vaters verantwortlich und glaubt in dem Wetterglashändler Coppola den Advokaten wiederzuerkennen, der eine neue Identität angenommen habe. Eben dieser Coppola verkauft ihm nun die Augen, mit deren Blick er sich in Spalanzanis Puppe verliebt. Freud betont in seiner Lesart die Bedeutung der kindlichen Angst vor dem Verlust der Augen. „Vielen Erwachsenen ist diese Ängstlichkeit verblieben und sie fürchten keine andere Organverletzung so sehr wie die des Auges. Ist man doch auch gewohnt zu sagen, dass man etwas behüten werde wie seinen Augapfel.“ Hinter dieser Angst verbirgt sich für Freud jedoch häufig die Kastrationsangst: 20

UNHEIMLICHE WIEDERGÄNGER „Denn warum ist die Augenangst hier mit dem Tode des Vaters in innigste Beziehung gebracht? Warum tritt der Sandmann jedesmal als Störer der Liebe auf? Er entzweit den unglücklichen Studenten mit seiner Braut und ihrem Bruder, der sein bester Freund ist, er vernichtet sein zweites Liebesobjekt, die schöne Puppe Olimpia, und zwingt ihn selbst zum Selbstmord, wie er unmittelbar vor der beglückenden Vereinigung mit seiner wiedergewonnenen Clara steht.“ Die als Bösewichte bezeichneten Figuren in Hoffmanns Erzählungen, die Baritonrollen Lindorf, Coppélius, Miracle und Dapertutto treten in jedem Akt als Verhinderer von Hoffmanns Liebe auf. Schon im ersten Akt kauft Lindorf Stellas Diener Andrès den Brief ab, den diese Hoffmann mit dem Schlüssel zu ihrer Garderobe geschickt hat. Im zweiten Akt zerstört Coppélius die Puppe Olympia, weil er von deren Schöpfer Spalanzani finanziell über den Tisch gezogen wurde. Als Doktor 21

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